Wir wir (das koenigliche) und ihr alle ja wisst, bin ich von einem Land, in dem der Bolschewismus mit dem Kommunismus verwechselt wird und im permanenten Schreckzustand der durch diese Verwechslung entsteht alles gleich noch mit dem Sozialismus vermischt wird, damit man nur ein einziges Schreckgespenstwort braucht welches unreflektiert immer und immer wieder gebraucht werden kann, wenn „den Leuten“ die Argumente ausgehen, ins schoene Norwegen gezogen. Und wie ihr alle wisst war ein schwerwiegender Grund, dass ich dieses unreflektierte Schlechtmachen aller sog. linken bzw. liberalen Gedanken mindestens scheinheilig, gewiss dumm und einfach nur noch zum kotzen fand.
Hier in Norwegen ist das etwas anders.
Es gibt die sozialistischen Parteien und es gibt die buergerlichen Parteien. Und „sozialistisch“ hat hier vor allem eben den sozialen Hintergrund, ohne diese extremen, unreflektierten und unberechtigten negativen Konnotationen.
Und nun komme ich im Weiteren zu dem bereits angekuendigtem Arbeitsprogramm der Partei die ich waehlte.
Ich waehlte aus voller Ueberzeugung und mit Freude jene Partei die so rot ist, dass sie sich auch so nennen – Rødt.
Rødt ist nur sehr schlecht mit Die Linke in Dtschl. zu vergleichen! Waehrend letztere Partei ja eigentlich sowas wie die SPD vor Schroeder ist, in den allermeisten ihrer Forderungen (also mitnichten links sondern eigentlich die einzige uebriggebliebene Partei der sog. „Mitte“ ist), ist Rødt tatsaechlich links. Das sieht man auch an den Antworten auf die Frage der Zeitung „Klassekampen“ wie die Waehler bestimmter Parteien sich denn platzieren wuerden im politischen Spektrum. Waehrend die Waehler der meisten Parteien sich irgendwie nicht so richtig entscheiden koennen und alle mehr oder weniger irgendwie zwischen Links, Mitte und Rechts rumeieren sind die Rødt-Waehler ueberzeugte Linke wie diese Visualisierung besagter Umfrage zeigt (rot = links, gruen = Mitte, blau = rechts):
Jup, die mit dem Stern sind Rødt … und Sterne … da steh ich ganz besonders drauf (wie alle wissen sollten die den Abschluss meiner Dissertation gelesen haben).
Trotz meiner (politischen) Sozialisierung in Dtschl. in dem alles Linke und/oder Rote ja grundsaetzlich als schlecht hingestellt wird, waehlte ich also (die jeweiligen Bezugssysteme in Betracht ziehend kann man sogar sagen: zum wiederholten Male) ganz weit links.
„Natuerlich“ war diese Entscheidung aber auch fuer mich nicht. Vor allem besagter Sozialisierung wegen, denn niemand moechte ja als „das sozialistische Schreckgespenst“ dastehen in Diskussionen mit Deutschen. Trotz schon immer vorhandener latenter Tendenzen zu Rødt zog ich es deswegen ernsthaft in Betracht eine nicht ganz so linke Partei zu waehlen. Insbesondere das SV-Motto und Wahlprogramm fand ich sehr ansprechend. (SV steht im uebrigen fuer „sosialistisk venstre“ – die sozialistische Linke also … wie gesagt … ein ganz normaler Begriff hier in Norwegen.) Aber dann fing ich an das viele Seiten dicke Arbeitsprogramm von Rødt zu lesen. Bereits nach nur wenigen Abschnitten (so ungefaehr auf Seite 2 wenn ich micht richtig erinnere) wurde mir sehr bewusst, dass die GENAU das wollen, was ich auch immer „predige“ (JA, predige! Denn bei allem was ich sage zieht ja nie einer irgendwie ernsthaft in Betracht, dass das die Wahrheit sein koennte – wie beim Prediger in der Kirche eben). Da wurde mir (mal wieder) bewusst, dass ich aus voller Ueberzeugung LINKS bin. Nach allem was ich weisz, bin ich sogar der am weitesten politisch links Stehende in meinem sozialen Umfeld (der auch dazu steht). Nach dieser (wiederholten) Epiphanie (damals bei der Wahlentscheidung fuer Die Linke zur letzten Bundestagswahl hatte ich die erste „Offenbarung“) entschloss ich mich dann sofort Rødt zu waehle – und tat dies auch.
Damit wuerde ich die mir von der dtsch. Gesellschaft aufgezwungene (politische) Sozialisierung gluecklicherweise als (im Nachhinein) gescheitert ansehen.