… und ich moechte den heutigen Eintrag nutzen um kurz zu erklaeren, warum ich (gestern wieder) so gegen das dtsch. „System“ wetter(t)e und warum ich die Sprache und „Stilmittel“ derart drastisch waehle.
Die ganze Entwicklung der letzten dreizig Jahre, aber deutlich verschaerft nochmal unter Gerhard Schroeder, fuehrte zu einer massiven Spaltung der Gesellschaft in Arme und Reiche. Und ja, Studenten sind auch arm (in einem viel weiteren Umfang als nur die monetaeren Mittel betreffend)! Oder warum gibt es so wenige Studenten mit Kindern? Wieauchimmer, im Folgenden moechte ich gern vier (neuere) Beitraege von den nachdenkseiten.de zitieren. Dabei handelt es sich um die zwei Artikel Armut untergräbt das Fundament der Demokratie und Die gespaltene Gesellschaft – Arm und Reich im Konflikt von Christoph Butterwegge, den Thesen für eine Podiumsdiskussion bzgl. des Themas Armut gefährdet unsere Demokratie von Wolfgang Lieb (besonders zu empfehlen, da dort viele Studien, diesbezueglich und zu stark verwandten Themen, genannt werden, auf die ich an dieser Stelle nicht eingehen mag) und um den Beitrag von Johano Strasser mit dem Titel Armut als Politisches Problem. Die Quellen werden bei den einzelnen Zitaten nicht erneut kenntlich gemacht.
In einer wohlhabenden Gesellschaft, die den Anspruch erhebt, sozial, gerecht und demokratisch zu sein, müssen Armut […] wie Reichtum […] öffentlich gerechtfertigt werden.
Dies geschieht in Dtschl. durch die Mythen des Neoliberalismus; Leistungstraeger sind eben wohlhabender als „Faulenzer“ und „Sozialschmarotzer“. Man beachte bitte die Wortwahl (die ja auch vom ehemaligen Bundeskanzler (!) so aehnlich benutzt wurden).
Reichtum bedeutet die Möglichkeit, wirtschaftlich und politisch Macht auszuüben, wie Armut umgekehrt bedeutet, ökonomische und soziale Ohnmacht zu erfahren.
Dazu spaeter noch ein paar weitere Punkte.
Breitet sich die Armut in einem reichen Land aus, wird ein Großteil der Bevölkerung marginalisiert, die Menschenwürde gleich massenhaft verletzt und den Betroffenen „strukturelle Gewalt“ (Johan Galtung) angetan […] während Politik, Staat und Verwaltung nicht selten die Armen anstelle der Armut bekämpfen, statt für einen gerechten sozialen Ausgleich zu sorgen.
Und weiter heiszt es:
Die zunehmende soziale Spaltung erhöht […] das Konflikt- und Gewaltpotenzial der Gesellschaft […] [es] kann sich eine latente Bürgerkriegsstimmung ausbreiten.
Ich denke die Wahl des Wortes „Buergerkrieg“ ist durchaus gerechtfertigt. Sowohl als „Hinweis“ darauf was Dtschl. moeglicherweise erleben wird (wenn auch nicht in dem Ausmasz wie bspw. im ehemaligen Jugoslawien), als auch bzgl. der „sozialen Stimmung / Sichtweise“, sowohl von „oben“ nach „unten“ als auch umgekehrt. Dazu zwei Beispiele
1.: Der T-Shirt-Aufdruck: „Eure Armut kotzt mich an“
2.: der Spruch: „Denkst du etwa du bist etwas Besseres wenn du studierst?“
(Geistige und) Gesellschaftliche Abgrenzung fuehrt immer zu weniger Kommunikation, das fuehrt zu weniger Verstaendnis, das fuehrt zu mehr Vorurteilen … und letztlich fuehrt alles zur Gewalt untereinander. Dazu auch:
Wer die brisante Mischung von berechtigter Empörung, ohnmächtiger Wut und blankem Hass auf fast alle P(arteip)olitiker/innen unseres Landes kennt, wie sie wohl nur in Versammlungen von Hartz-IV-Bezieher(inne)n existiert, […] kommt zu dem Schluss, dass innerhalb der Bundesrepublik längst zwei Welten oder „Parallelgesellschaften“ existieren und die Brücken dazwischen endgültig abgebrochen sind.
bzw.:
Wo die Armut grassiert, wird die Demokratie automatisch paralysiert.
Warum das so ist:
[Demokratie] beinhaltet [mehr], als dass Bürger/innen alle vier oder fünf Jahre zur Wahlurne gerufen werden, [sondern auch] dass sie gleichberechtigt an den politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozessen teilnehmen können. Hierzu müssen sie über die materiellen Mittel verfügen, um auch in ferner gelegenen Orten stattfindende politische und Bildungsveranstaltungen […] zu besuchen.
Dazu weiter
Arme sind nicht nur sozial benachteiligt, vielmehr in aller Regel auch politisch weniger aktiv, skeptischer gegenüber der parlamentarischen Demokratie[…]. Hieraus kann eine Legitimationskrise der Demokratie erwachsen.
Und genau dies ist eigentlich der Kernpunkt meines Zorns, denn meine persoenliche Existenz ist so extrem abhaengig von der Meinungsfreiheit (und allem was daraus folgt). Diese kann (zur Zeit) allerdings nur in einer Demokratie gewaehrleistet werden; und dies war der entscheidende Grund warum ich Dtschl. verlassen musste, denn ich wollte meine Familie nicht in Gefahr bringen!
Und ein weiterer Punkt warum Armut mehr bedeutet (und so schlimm ist) als „nur“ kein Geld fuer Obst fuer die Kinder zu haben:
Vor allem in einem Land, das nach wie vor unter dem geistig-politischen Einfluss des Neoliberalismus steht und daher stark auf Leistung und ökonomischen Erfolg setzt, bedeutet Armut nicht bloß, dass ein Mangel an prestigeträchtigen Konsumgütern besteht, sondern auch, dass hiermit ein Makel verbunden ist, der das Selbstwertgefühl davon Betroffener erschüttert.
Und genau dort setzen die Nazis an!
ABER (und den Punkt bringe ich auch, weil mir ein aehnlicher Vorwurf bereits gemacht wurde):
Es ist falsch, die Unzufriedenheit mit der demokratischen Praxis mit einem Verdruss über die Demokratie als Staatsform zu verwechseln.
doch leider ist …
Die einzige Partei, welche die neuen Armen heutzutage bilden, […] die Partei der Nichtwähler; sie wird immer größer, hat aber keine politische Kraft.
und das ist gefaehrlich denn …
Es ist zu befürchten, dass sie exakt deswegen destruktive Energie entwickelt – weil nämlich Demokratie nicht mehr gut funktionieren kann, wenn ein immer größerer Teil der Gesellschaft nicht mehr dabei mitmacht. [!!!]
Erinnert ihr euch daran was ich immer sage? Ich nenn mal nur die Stichworte „Gesellschaft“ und „partizipieren am Staate“.
Und bevor es wieder zu dem Spruch: „Mecker doch nicht rum, schlieszlich geht es dir gut, denn du koenntest ja auch in Afrika leben und dort verhungern“ kommt:
Armut wird heute im Unterschied zu absoluter Armut gemeinhin in Relation zum gesellschaftlichen Umfeld definiert: Aus dieser Sicht ist arm, wer weniger als 60 % des Durchschnittseinkommens in seinem Land zur Verfügung hat. […] Armut ist eben kein ganz und gar objektives, sondern auch ein subjektives Problem.
Weiter geht es mit:
Besonders schlimm ist die Lage, wenn sich Arbeitslosigkeit und Armut vererben.
In den naechsten zwei bis drei Jahrzehnten werde ich vermutlich genau dies bei meiner Schwester und ihrem Kind beobachten … dies entsteht hier also nicht aus irgendeiner verworrenen (und hauptsaechlich theoretischen) „Gutmensch“-Ecke heraus.
Weiter im Text:
Zum Armutsproblem gehört auch die öffentliche Armut. Öffentliche Armut, d.h. die mangelnde Ausstattung der öffentlichen Institutionen mit Mitteln zur Erfüllung ihrer Aufgaben, verstärkt in aller Regel die individuelle Armut.
dazu weiter …
Ohne einen funktionierenden und finanziell abgesicherten öffentlichen Sektor, der allen zugängliche öffentliche Güter, z.B. Sicherheit, Bildung, Gesundheit, Kultur, bereitstellt, kann es eine demokratische und zivilisierte Gesellschaft, in der jeder eine faire Chance hat, sein Leben in Würde und Selbständigkeit zu führen, nicht geben.
und …
Armutsbekämpfung ist Gesellschaftspolitik in dem ganz konkreten Sinn, dass sie die Voraussetzungen dafür schafft und erhält, dass ein Zusammenleben in einem zivilen und demokratischen Gemeinwesen auf Dauer überhaupt möglich ist.
Wie ihr aber gestern gesehen habt, werden die Armen in Armut gehalten und das trotzdem …
Nie zuvor in der Geschichte der Menschheit […] die objektiven, die wissenschaftlich-technischen Voraussetzungen für die Befreiung der Arbeit, für die Angleichung der Lebenschancen, für die Überwindung von Hunger und Elend, für die nachhaltige Organisation des Stoffwechsels von Mensch und Natur so groß wie heute [waren].
Und deswegen zum Abschluss nocheinmal:
Wachsende Armut führt zum Zerfall der Gesellschaft.
EURER Gesellschaft!
… … …
… … …
… … …
… … …
… … …
… … …
Auch wenn dies in eurem kleinen sozialen Habitat vermutlich auf laengere Zeit nicht zu bemerken sein wird!