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Wenn das Thema der Einsatz von Atombomben gegen Hiroshima oder Nagasaki ist, so wird meistens nur ein relativ kurzer Zeitraum rund um diese schrecklichen Tage betrachtet. Ein paar Tage davor oder danach.
Auch Keiji Nakazawa erzaehlt nur davon. Zumindest in den vier auf dtsch. erschienenen Baenden.

Waehrend diese Herangehensweise sicherlich den wichtigsten Eindruck von den konkreten Ereignissen gibt, so ist dies doch nicht die ganze Geschichte. Die Ueberlebenden hatten naemlich danach jahrelang nicht nur an den direkten gesundheitlichen Folgen zu leiden. Vielmehr hatten diese auch konkrete Auswirkungen auf den Alltag, der einfach nicht mehr møglich war wie vor den Bomben. Hinzu kam das soziale Stigma, dem die Ueberlebenden ausgesetzt waren. Insbesondere ueber Letzteres ist wenig in der allgemeinen Øffentlichkeit bekannt.

John Hersey schrieb fuer The New YorkerHiroshima: The Aftermath“ (Ausgabe vom 1985-07-15). Darin beschaeftigt er sich mit dem weiteren Lebensweg der Personen, ueber die sein urspruenglicher Artikel handelte. Wie bisher mag ich auch dazu nicht viel mehr sagen, weil meine Worte inadaequat waeren um dies zusammen zu fassen. Das sollte jeder selber lesen. Aber wenigstens habe ich mal drauf hingewiesen.

Leider finde ich den Originalartikel nicht mehr, denn konkret war es in einem anderen Zusammenhang, aber mein neuer Lieblingsweblog brachte mich dazu eine meiner Meinungen in einem anderen Licht zu sehen.

Es geht mir um diesen Beitrag, in dem ich darueber „schimpfte“, dass das Volk lieber einen Kønig wollte anstatt „selber zu denken“.

Nun ist es aber so, dass dieses Bibelzitat innerhalb der damals herrschenden Verhaeltnisse gesehen werden muss und dabei half mir mein neuer Lieblingsweblog. Dort lernte ich naemlich, dass die herrschenden Verhaeltnisse so aussahen, dass man im Grunde jederzeit von Banditen ueberfallen werden konnte. Der Zusammenschluss (relativ) vieler Menschen unter einem Kønig war nicht nur eine gesellschaftliche Innovation, sondern geradezu eine Revolution bzgl. des Zusammenlebens (relativ) vieler Menschen.

Herrscher gab es zwar auch schon frueher, da waren das dann bspw. Haeuptlinge. Aber erst all das was mit einem (mehr oder weniger) Alleinherrscher kommt, erlaubte eine massive Verbesserung der Umstaende und fuerhte zu besagter (sozialen/gesellschaftlichen) Revolution. Ich versuche das mal kurz zu erklaeren.

Um die Gegend um die Stadt herum zu beschuetzen braucht man nur ein paar bewaffnete Reiter. Wenn der Buergermeister hinter’m Berg ein paar mehr Reiter hat, dann ist’s aus mit dem Frieden.
Es braucht also eine relativ grosze Armee, um ein grøszeres Gebiet (relativ) friedlich zu halten. Dafuer braucht man aber „Geld“ …bzw. Korn als Nahrung fuer die Armee und Metall fuer die Waffen und Leder fuer die Ruestungen und Wein zur Unterhaltung etc. pp. … ich fasse das hier mal als „Geld“ zusammen. … … … Nee, das drueckt das nicht richtig aus … vielmehr braucht man dafuer _richtig viel_ „Geld“ und das ist was Samuel ja auch den Massen sagt … die das alles høren und trotzdem einen Kønig wollen, denn …

… um viel „Geld“ ordentlich zu verwalten braucht man eine Buerokratie. Ein Haeuptling braucht keine Buerokratie, denn die Leute bringen das gejagte Wildschwein selber zu ihm, weil er weisz wo die wohnen. Aber eine Buerokratie beinhaltet mehr als nur den Steuereintreiber. Eine Buerokratie beinhaltet auch, dass der Steuereintreiber gerecht ist und die eingetriebenen Steuern auch wirklich dem Volke zugute kommen laeszt. Die letzten beiden Punkte werden durch andere Teile der Buerokratie (Gerichte, Polizei) garantiert, die natuerlich von den Steuern finanziert werden.

Das alles benøtigt aber eine zentrale Instanz, welche die vielen (mehr oder weniger beweglichen) Teile dieser Buerokratie herumdirigieren kann.
Ich persønlich hoffe ja, dass demokratische Konsensfindung diesen Teil der zentralen Instanz irgendwann uebernehmen kann … bis dahin haben wir Praesidenten und Volksvertreter als beste Naeherung um keinen Kønig haben zu muessen.
Damals aber musste das ein Kønig sein, denn dieser war ja eigentlich immer von „Gott“ auserwaehlt. Der Punkt ist sehr (!) wichtig, denn warum sollte ich Otto Normalverbraucher einen Teil meines Korns geben? Erst die echte (!) Furcht vor Gottes Zorn bewirkt dies auf groszer Skala, wenn die zentrale Instanz nicht mehr weisz wo die Leute wohnen … … … das hat schon Gruende, warum Køniginnen und Kønige immer darauf bestanden haben, dass sie von „Gottes Gnade“ waeren.

Und um nicht mehr am hellichten Tage ausgeraubt, vergewaltigt und ermordet zu werden, haben die Menschen gerne Teile ihrer Freiheit aufgegeben um einem Kønig zu dienen. Das war voll logisch damals!

Und im Grunde ist das auch das, was fuer mich ein Aspekt dessen, was Anarchismus (im Sinne Kropotkins) bedeutet: meine Freiheit ist wenig wert, wenn ich an ’ner Entzuendung sterbe. Das bedeutet aber, dass ich mit anderen Menschen zusammenleben muss, denn nur eine grøszere Gesellschaft vermag ein Gesundheitssystem aufrecht zu erhalten, welches dies verhindert. Dafuer muss ich aber in Kauf nehmen, dass ein Teil meiner Freiheit eingeschraenkt wird (bspw. in Form von Steuern um Krankenhaeuser zu bauen) … und das finde ich in Ordnung.

Barfusz durch Hiroshima ist an sich ein Augenzeugenbericht. Keiji Nakazawa schreibt und zeichnet dort das nieder, was er selbst erlebte und was er von anderen Ueberlebenden erzaehlt bekommen hat. Dennoch ist es natuerlich zumindest ein Stueck weit eine Abstraktion, allein schon des gewaehlten Mediums wegen.

Etwas „authentischer“ … nicht (!) im Sinne des Inhalts, sondern im Sinne des gewaehlten Mediums … ist der Bericht von John Hersey mit dem Titel „Hiroshima“ in The New Yorker vom 31. August 1946, in dem er die Geschichte von 6 Ueberlebenden erzaehlt.

Dazu ist zu sagen, dass die Amerikaner eine ziemlich „wasserdichte“ Nachrichtensperre hatte, bezueglich all dessen, was die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki angerichtet haben. Alles was anfangs darueber in den Medien gesagt und geschrieben wurde, war Information die direkt von den zustaendigen Behørden kam. John Hersey war der erste Korrespondent der Hiroshima persønlich besuchte und das dort gesehene und gehørte danach in einem 30-tausend Wørter Artikel darlegte.

30-tausend Wørter hiesz, dass an dem Tag nur der Artikel von John Hersey in The New Yorker erschien. Angesichts der Bedeutung des Themas war das angemessen.
Selbst wenn es deswegen etwas laenger dauert den Bericht zu lesen, so ist dieser einer der wichtigsten Artikel die jemals geschrieben wurden.

Wenn ich mich richtig erinnere, dann sind das die Jahre, in denen Snoopy richtig loslegt mit seinen Fantasien. Das deutet sich schon auf dem Boxbild an:

Trotz … oder eigentlich gerade deswegen bin ich im Laufe des Lesens dieser Jahre immer mehr zu der Ueberzeugung gekommen, dass Snoopy der einzige Erwachsene Character bei den Peanuts ist.

Ebenso eingefuehrt wurde Franklin in 1968 und deswegen ist er zum ersten Mal bei der Portraitcollage dabei.

Im (damals noch mehr als heute) rassistischen Amerika war das natuerlich voll die Kontroverse, dass Franklin mit den anderen zur selben Schule ging.

Ansonsten sind die Strips „Business as usual“ …

… und waren sicherlich gerade zu dieser Zeit eine wichtige Inspirationsquelle fuer viele der Entertainer und Kunstschaffenden die dann mich und meine Generation dann in den 90’er Jahren direkter praegten als es die Peanuts taten.

Ueber „Das Kapital“ habe ich bereits mehrfach geschwaermt. Eine (eigentlich ueberhaupt nicht wichtige) Sache die ich noch zeigen wollte sind die vielen Titelseiten.

Bereits vor laengerer Zeit stellte ich die „Auszenhuelle“ meiner Ausgabe vor:

Aber innerhalb eines Buches kommt ja dann oft eine schøn aufgemachte Version. Das ist diese hier ist so eine:

Ich bitte den Gelbstich zu ignorieren. Das ist mein Kuechenlicht.
Besonders erwaehnenswert ist der historische Hinweis ganz oben. Bald weisz keiner mehr, welche Relevanz diese drei dort erwaehnten Organisationen mal hatten. Ach Mensch, _ich_ weisz das ja schon nicht mal mehr.

Gleich danach folgt die eigene Titelseite des ersten Buchs:

Und im Vorwort wird das Titelblatt der Erstausgabe gezeigt:

Abgerundet wird das Ganze mit dem Titelblatt der ersten Ausgabe der russischen Version:

Das ist jetzt zwar nichts super Besonderes, aber ich fand es erwaehnenswert

Beim letzten mal schrieb ich:

Aber hierin drueckt sich dann auch die inhaerente Hoffnung, und die Schønheit (abgesehen von der intellektuellen Schønheit), des Triptychon aus. Denn trotz der darin behandelten, enrsthaften, oft furchtbaren Themen, zieht sich ein fundamentaler Glaube, ja das Wissen, durch die Buecher, dass die Menschheit als Ganzes, in Form der sie konstituierenden Individuuen, diese Verantwortung uebernehmen kann.Eine aehnliche Katastrophe in der Zukunft ist KEIN unentrinnbares Schicksal, sondern wir haben das selber in unserer Hand dies zu verhindern.

Und trotz der schwer „verdaulichen“ Themen ist es gerade diese positive Glaube an die inhaerenten Møglichkeiten der Menschen, dass dem Bøsen in einem Selbst, Gutes entgegengestellt werden kann, warum mich diese drei Werke so stark beeinflusst haben und deren Einfluss mich mein Lebtag nicht verlassen wird.

Interssanterweise wird das so nie direkt angesprochen in den Werken. Dies haengt sicherlich damit zusammen, dass die Arendt, Marx und Solschenizyn unter dem nahen geschichtlichen Eindruck besagte Buecher schrieben. Aber genau dies ist der Eindruck den ich habe _warum_ sie diese Buecher geschrieben haben. Trotz aller Graeuel die sie beschreiben, deren Hintergruende sie erforschen und  mit dem groszen Ganzen verknuepfen, kommt fuer mich immer wieder diese fundamental positive Einstellung durch. Vom Lesegefuehl her war es fuer mich immer ziemlich deutlich, dass Arendt, Marx und Solschenizyn wirklich daran glauben, dass die Menschheit es schaffen kann, wenn sie nur von der Geschichte lernt … und damit man lernen kann braucht man jemanden der das Aufgeschrieben hat … dies ist somit der (wichtige) Beitrag den sie leisten … ihren Anteil an einer besseren Zukunft der Menschheit.

Und zumindest bei mir hat sich das beim Lesen uebertragen :)

Ich sagte, dass Hannah Arendts, Elemente und Urspruenge totaler Herrschaft

[d]as Kernstueck, ja das Herz, des Triptychons, das alles zusammenhaelt und erst die Grøsze und Wichtigkeit aller drei erkennen laeszt […],

… ist. Dies ist unmittelbar zu erkennen in den letzten beiden Eintraegen in dieser Reihe, in denen die ich gar nicht umhin kam auf die Analysen Arendts zurueck zu greifen. Andernfalls waere die Relevanz der Werke Marx‘ und Solschenizyns nicht zu beschreiben bzgl. meiner ganz persønlichen, mich plagenden Fragen; die nach der inherenten Boshaftigkeit von mir, als ganz normaler Mensch und warum Bildung da scheinbar nicht gegen hilft.

(Fast) alle „Bildungsbrocken“ und „Wissenshappen“ bzgl. dieser Fragen, insb. im Kontext der industriellen Ausrottung von Menschen, sind meistens sehr detaillierte Teile eines (schrecklichen) Gesamtbildes. Sei es das was man in der Schule lernt, Ausstellungen (nicht nur in Museen), die meisten Buecher, Augenzeugenberichte etc. pp.
Einige wenige Quellen erlauben „einen Schritt zurueck zu gehen“ und mehr vom „Bild der Menschheit“ zu sehen. Karl Marx und Alexander Solschenizyns Buecher ragen dabei besonders heraus, da diese ganze Teilbereiche der relevanten, ineinandergreifenden Themen betrachten.

Um weiteres nøtiges Hintergrundwissen (auf dem die Gesamtanalyse fuszt) bereitzustellen, muss Hannah Arendt wieder erstmal ganz im kleinen Anfangen. Sei es die Betrachtung der Entwicklung der (europaeischen) Juden und des (politischen) Antisemitismus oder die Entstehung und Merkmale des Imperialismus. Und Ach du meine Fresse! habe ich ich dabei krass viel gelernt! Warum wird uns sowas nie erzaehlt! Die Betrachtungen Arendts enthalten nichts Unnøtiges und der grøszte Teil der Informationen ist (beinahe) komplementaer zu allem was ich vorher gelernt habe. Soll heiszen: das ist zwar alles bekannt, faellt aber nicht unter dem Wissenskanon der Nichtspezialisten „angeboten“ wird im normalen Leben.

An dieser Stelle seien diesbezueglich zwei Themen erwaehnt die wichtig sind um zu analysieren wie es zur industriellen Vernichtung menschlichen Lebens kommen konnte. Das erste betrifft die Entwicklung der Rolle der Juden in der Gesellschaft Europas. Die Juden waren fundamental wichtig fuer das funktionieren der Feudalstaaten, beschafften Erstere doch das Geld fuer dier Herrscher. Besonders anschaulich war dies in der Form des Hoffaktoren. Dies beinhaltet natuerlicherweise auch unheimlich viel Macht in den Haenden der Juden. Aber selbige haben diese Macht NIEMALS wirklich benutzt, auszer um sich des (oft persønlichen) Wohlwollens der Herrscher (bspw. durch besondere Schutzgesetze) zu versichern. Dazu kamen noch andere gesellschaftliche Faktoren aber der Kuerze halber gehe ich an dieser Stelle nicht weiter darauf ein.

Das Problem entwickelte sich dann zweigeteilt. Zum Einen verlor die Finanzierung des Staates durch Juden stark an Bedeutung. Dies hing damit zusammen, dass (andere) private Banken diese Rolle uebernahmen. Das hing wiederum mit der Industrialisierung und der Entwicklung des Kapitalismus zusammen aus der sich die Juden heraushielten (die wurden einfach keine Fabrikbesitzer, obwohl sie das haetten werden kønnen). Das private Kapital gewann aber massiv an Bedeutung (auch dadurch wie der Imperialismus auf die Politik und Gesellschaft der Staaten zurueck wirkte) und dadurch verloren die Juden den oben erwaehnten Schutz der Maechtigen.
Zum Zweiten dachten die Buerger der Staaten dennoch weiterhin, dass die Juden unheimlich viel Macht haben und den Staat im Geheimen lenken. Das hatte zwar ueberhaupt keine faktische Grundlage (s.o., da die Juden die Macht nie genutzt haben und zum Zeitpunkt der Jahrhundertwende diese (potentielle) Macht schon laengst verloren hatten). Dieses (falsche) Gefuehl wiederum war natuerlich der Fanghaken mit dem antisemitische Vereinigungen die vermassten Buerger fangen und deren Handlungen Richtung (und mglw. sogar (eingebildeten) Sinn) geben konnten.

Mit dem Antisemitismus sind wir direkt bei der Grundlage des Naziregimes: die Rassenideologie als (Perversion und Missbrauch der Ideen Darwins) — also der Vorstellung, dass es „minderwertige Elemente“ gibt die vernichtet gehøren, und der damit einhergehende Terror. Hierbei ist GANZ WICHTIG dass die Juden da nur „als Erste“ ausgeløscht werden sollten, weil die Nazis auf dem historisch bereits vorhandenen Antisemitismus aufbauen (und diesen zum politischen Antisemitismus ausbauen) konnten. Aber mit „minderwertige Elemente“ war prinzipiell jeder gemeint. Seien es Menschen mit Behinderungen oder sog. „Erbkrankheiten“ oder auch Polen und Ukrainer, deren Ausrottung bereits vorbereitet wurde und die nur deswegen nicht stattfand, weil der Krieg dann zum Glueck verloren war. Aber auch Priester, Freidenker, natuerlich politisch Oppositionelle (die aber im Naziregime ohnehin keine Rolle spielten), Eltern die von ihren Kindern angeschwaerzt wurden und ueberhaupt jeder Mensch. Denn der alltaegliche Terror ist das Kennzeichen totalitaerer Regime. Oder um es mal wieder mit den Worten Solschenizyns zu sagen: Die Strøme muessen flieszen.

Bei den Bolschewiken war das nicht anders. Diese hatten anstatt der Rassenideologie eine Klassenideologie (als Perversion und Missbrauch der Ideen Marx‘). Die Definition der „absterbenden Klassen“ die vernichtet gehøren aenderte sich auch hier staendig. Seien es die Angehørigen der Bourgeoisie, Frontkaempfer die zu lange im besetzten Ausland waren (weil es ihnen befohlen wurde), die Opfer der regelmaeszig stattfindenden Saeuberungen in der øffentlichen Verwaltung, etc. pp. Auch hier wieder der alltaegliche Terror als wesentliches Merkmal totalitaerer Herrschaft.

Und Terror muss immer ausgefuehrt werden von konkreten Menschen. Seien es die Agenten des NKWD, die Mitglieder der SS, die Schlaechter in den Folterkellern, Aerzte die bereitwillig Giftspritzen geben, ideologisch erzogenen junge Menschen die andere an den Galgen bringen, etc. pp. Und das faellt dann wieder zurueck auf die Frage der Boshaftigkeit in einem Selbst und inwieweit Bildung eine Erziehung zur persønlichen Verantwortung ermøglicht.

Oben erwaehnte ich, dass ich zwei Dinge erwaehnen muss. Die Rolle der Juden, Antisemitismus und die daraus entstehende Rassenideologie der Nazis (bzw. die beinahe deckungsgleiche Klassenideologie der Bolschewiken) war nur das Erste.
Das Zweite ist die Entwicklung des Imperialismus. Ich erwaehnte bereits, dass gewisse Merkmale dieser Entwicklung auch auf den zuerst angesprochenen Aspekt zurueck wirkten. Marx legte nun dar, dass der ganze Daseinszweck des Kapitals ist, sich zu vermehren. Dies tut es dadurch, indem es seine Einflussspaehre erweitert. Irgendwann geht das im Inland nicht mehr und die Aktivitaeten werden ins Ausland verlagert. Und damit sind wir beim Imperialismus. (Uff … was fuer eine krasse Verkuerzung des Sachverhalts, aber an dieser Stelle geht das nicht anders.)
Der Punkt ist, dass aus den Wirkmechanismen des Kapitalismus folgt, dass es keinen Stillstand dieses Prozess gibt. Bzw. erst dann, wenn die ganze Welt erobert ist. Hannah Arendt gebraucht die Worte Cecil Rhodes um diesen Sachverhalt auszudruecken:

I would annex the planets if I could […].

Dies war mit unendlichen Verbrechen verbunden. Siehe bspw. die Graeuel in Belgisch Kongo, aber auch die der Briten in den entsprechenden Kolonien, der Genocid an den Ureinwohnern (egal welchen Landes) und so weiter immer fort tut sich der Abgrund der Boshaftigkeit (gebildeter!) Menschen auf!
Aber Arendt legt dann deutlich klar dass diese Greuel vom zugrundeliegenden Charakter her (also wie diese „theoretisch begruendet“ wurden) fundamental anders waren als der alltaegliche Terror totalitaerer Regime. Dies lag daran, dass Erstere gegen klar definierte Menschengruppen gerichtet waren, Letzterer aber gegen alle Menschen. Es versteht sich von selbst, dass dies in keinster Weise die furchtbaren Taten relativiert!

Dieser fundamentale Unterschied liegt nicht zuletzt daran, dass die Wirkmechanismen des Kapitalismus (aus dem der Imperialismus direkt entsprang, s.o.) dies verbieten. Mag man jetzt gar nicht denken, wenn man sich an die vielen industriellen erinnert die die Nazis unterstuetzt haben. Aber Kapitalisten brauchen Arbeiter, weil nur diese den Waren Mehrwert zusetzen (und als Konsumenten). Die økonomische Bilanz der Konzentrationslager und Gulags war aber katastrophal schlecht. Dies ist nicht verwunderlich ist, wenn man die dort herrschenden Zustaende bedenkt, denn wenn man heute gut arbeitete wurde man morgen trotzdem totgeschlagen. Die økonomische Bilanz der Lager tut aber auch gar nichts zur Sache, denn die industrielle Ausrottung von Menschen ist zum Einen Teil der jeweiligen Ideologie und zum Anderen ein Mittel des alltaeglichen Terrors. Die Lager (selbst jene die als „Arbeitslager“ bezeichnet wurden) haben also einen ganz anderen Daseinszweck als „Arbeit“.

Die Verbindung zwischen Imperialismus und Totalitarismus liegt nun in dem Folgenden: kapitalistische Expansion kann nicht enden bevor alles erobert ist und der Terror kann nicht enden, bevor nicht jedwedes „unreine“ (Volks)Element vernichtet wurde. Die Nazis haben diese immerwaehrende „Expansion“ direkt nach auszen gefuehrt (im Krieg mit anderen Staaten), waehrend die Bolschewiken eine „immerwaehrende Revolution“ in eigenen Land ausriefen.
Dadurch dass die „Psychologie“ des Ersteren (des Imperialismus) jahrzehntelang auf die Gesellschaft und Politik der Ursprungslaender zurueck wirkte, war die „Psyche des Volkes“ schon daran „gewøhnt“, dass ein Ziel niemals erreicht wird (mindestens nicht innerhalb der Lebenszeit). Der Zustand wie er jetzt ist, wird als fuer immer waehrend angenommen, warum also dagegen vorgehen, warum persønliche Verantwortung uebernehmen?

Das war jetzt ein sehr langer (und leider unzulaessig verkuerzender) Abstecher  in die Grundzuege von Hannah Arendts Analyse. Dieser war aber nøtig um das (dann doch oft sehr deutlich) Ineinandergreifen der drei Werke zu verdeutlichen.

Eine ganz wichtige Sache dabei ist, dass sie erkannt hat, dass Hitlers Reden und Pamphlete BUCHSTAEBLICH zu lesen sind! Und er hat ja auch alles gemacht (oder ernsthaft versucht zu machen) was er darin angekuendigt hat. Das war wohl ’n ziemlicher Knaller als sie mit der buchstaeblichen Interpretation kam und alles zu dieser Interpretation passte.

Mit ihrem Buch hat Hannah Arendt Fragen beantwortet die so lange an dem was mich innerlich ausmacht genagt haben.Dies in einer unerwarteten und nicht im Traum dran gedachten Art und Weise, denn ihre Analyse kam aus einer „unerwarteten Richtung“. Das ist aber mglw. auch der Grund warum genau diese unerwartete Betrachtungsweise es schaffte, den (intellektuellen) „Knoten“ (die zwei immer wieder erwaehnten Fragen) in mir zu løsen. Und deswegen, wie bereits frueher erwaehnt, kam mir das Lesen dieses Buches einer Offenbarung gleich :) .

Fuer mich ist die Essenz ihres Buches, dass wenn man sich ernsthaft (und zu sich selbst ehrlich) mit diesem unangenehmen Thema (der eigenen Bosheit) beschaeftigt (wenn auch via eines „Umweges“ ueber die Analyse der Elemente und Urspruenge totaler Herrschaft), die Mechanismen erkennen kann die in die Katastrophe des 20. Jahrhunderts fuehrte.
Und wenn man diese kennt und mit sich selbst in Verbindung bringen kann, NICHT als Schuldgefuehl, sondern als Ehrlichkeit mit sich selber, dann hat man zumindest die Chance sich dem bewusst zu werden, wenn andere versuchen einen zum Mittaeter am (nicht nur industriellen) Ermorden von Menschen zu machen. Und dann kann man dagegen arbeiten.
DAS ist die eigene Verantwortung! DAS ist NICHT Hitlers Schuld! Denn die Summe der Ablehnung eigener individueller Verantwortung fuehrt zur Katastrophe!

Deswegen hat Victor Klemperer Recht, als er in seinen Tagebuechern waehrend der Nazizeit schrieb, dass er den normalen Menschen vergeben kønnte, denn die konnten es nicht besser wissen, dass dies aber nicht im Geringsten fuer die Intellektuellen gilt, die sich bereitwillig haben zu Mittaetern machen lassen.

Aber hierin drueckt sich dann auch die inhaerente Hoffnung, und die Schønheit (abgesehen von der intellektuellen Schønheit), des Triptychon aus. Denn trotz der darin behandelten, enrsthaften, oft furchtbaren Themen, zieht sich ein fundamentaler Glaube, ja das Wissen, durch die Buecher, dass die Menschheit als Ganzes, in Form der sie konstituierenden Individuuen, diese Verantwortung uebernehmen kann. Eine aehnliche Katastrophe in der Zukunft ist KEIN unentrinnbares Schicksal, sondern wir haben das selber in unserer Hand dies zu verhindern.

Und trotz der schwer „verdaulichen“ Themen ist es gerade diese positive Glaube an die inhaerenten Møglichkeiten der Menschen, dass dem Bøsen in einem Selbst, Gutes entgegengestellt werden kann, warum mich diese drei Werke so stark beeinflusst haben und deren Einfluss mich mein Lebtag nicht verlassen wird.

Beim letzten Mal fragte ich:

[…] wie [konnte] das vermutlich gebildetste Volk der Welt (zu der Zeit), dieser [Nazi] Ideologie so schnell verfallen […]?

Darauf ging ich erstmal nicht weiter ein, bemerkte aber …

[…] [dies] ist wichtig liegt doch darin das Wohl und Wehe eines potentiellen Mechanismus (Bildung) um derartige Katastophen in der Zukunft zu verhindern.

Mit dem Vorbehalt dass …

[…] aber Goebbels […] auch studiert [war] (mit Doktorgrad) und somit gebildet […].

Dies sollte im Weiteren im Hinterkopf behalten werden denn Marx liefert in „Das Kapital“ zwar keine _direkte_ Antwort auf die obige Frage (die es vermutlich auch so direkt gar nicht gibt), aber stellt die Hintergruende wieso das passieren konnte sehr detailliert bereit.

Bei der Einordnung dieses Werkes im Triptychon ist zu beachten, dass es das Einzige der drei Buecher ist, welches NICHT im Nachhinein geschrieben wurde. Wie Solschenizyn konnte er also nur beobachten und direkt das beschreiben, was er „vor der Nase“ hatte. Eine Einordnung des Dargestellten in das grøszere Gesamtgeschehen geschieht zwar, aber natuerlich vor allem innerhalb der von ihm entwickelten økonomischen Theori.
Bei der Einordnung dessen was ich darueber schreibe ist zu beachten, dass ich NUR Das Kapital und keine weiteren seiner Schriften gelesen habe. Auszerdem werde ich wieder Erkenntnisse die aus aus der Lektuere von Hannah Arendts Werk stammen hier verknuepfen.

Das Kapital ist so wichtig im Triptychon, weil es das allgemeine Hintergrundwissen bzgl. der økonomischen und sozialen Verhaeltnisse liefert. Erst dies ermøglicht eine Analyse besagter Verhaentisse, welche weniger als 100 Jahre nach Marx zur industriellen Vernichtung menschlichen Lebens fuehrten.

Relativ klar ist dabei die Darstellung der kapitalistischen Produktionsverhaeltnisse und wie deren „Evolution“ zum Imperialismus fuehrt. Imperialismus soll hier verstanden werden als dass das Kapital im Inland (der jeweiligen Laender) sich nicht mehr vermehren konnte und deshalb die „(nicht nur monetaeren) Abenteuer im Ausland“ (mit all ihren Greueln und Schlaechtereien) notwendig waren, damit das Kapital weiter wachsen kann. Dies hatte dann natuerlich wieder Rueckwirkungen auf die jeweiligen Laender und alles zusammen traegt dazu bei, dass der Totalitarismus Fusz fassen kann unter den Menschen. Was ich eben schrieb ist selbstverstaendlich eine unzulaessige Verkuerzung und Vereinfachung, aber das geht an dieser Stelle nicht anders. Karl Marx und Hannah Arendt analysieren die angesprochenen Aspekte aber punktgenau in ihren jeweiligen Buechern.

Wichtiger hingegen sind die Zeugnisse die Marx als Zeitgenosse der voranschrteitenden Industrialiserung ablegt ueber die damit einhergehenden massenhaften Greuel an den Menschen. DAS ist dann auch, eine der zwei Sachen, welche ich _eigentlich_ aus der Lektuere dieses Buches mitgneommen habe — viele ungeschønte Geschichtsstunden ueber Sachen, die einem sonst keiner erzaehlt. Die andere Sache ist ein massiv verbessertes Verstsaendnis der, der Gesellschaft zugrundeliegenden, økonomischen Verhaeltnisse und Prozesse (auch super spannend).
Nun kønnte man sich’s einfach machen und besagte Greuel als Grund nehmen, warum die Leute erst dem Antisemitismus auf den Leib gingen und dann den Nazis bzw. den Bolschewiken: die brauchten einen Suendenbock. DAS ist aber im Grundlegenden (wenn auch nicht notwendigerweise im Speziellen) vøllig falsch und eine der ganz groszen und wichtigen Erkenntnisse die ich dann aus Hannah Arendts Buch zog.
Vielmehr ist es so, dass das herrschende økonomische und gesellschaftliche System den Menschen den „Sinn des Lebens“ genommen hat. Hannah Arendt bezeichnet diesen Prozess als „Vermassung“ der Gesellschaft und Marx zeichnete ganz genau auf (und nach), wie es dazu kam durch die Wirkmechanismen des Kapitalismus.

An dieser Stelle erlaube ich mir wieder ein Verweis auf ein anderes Werk. Friedrich Nietzsches beruehmtester Ausdruck …

Gott ist tot!

… ist gleichzeitig eine Wehklage dieses „verlassenen“ Zustands, dieses allein Seins des Menschen in der Masse des Volkes, und eine Anerkenung der Møglichkeiten die daraus fuer die zukuenftigen Menschen folgt.
Auch wenn dieser Ausspruch am bekanntesten ist aus seinem Also sprach Zarathustra, so ist doch eher das Wehklagen des tollen Menschen aus dem dritten Buch in Die frøhliche Wissenschaft ausschlagggebend:

[…] »Wohin ist Gott?« rief er [der tolle Mensch], »ich will es euch sagen! Wir haben ihn getötet – ihr und ich! Wir alle sind seine Mörder! Aber wie haben wir dies gemacht? Wie vermochten wir das Meer auszutrinken? Wer gab uns den Schwamm, um den ganzen Horizont wegzuwischen? Was taten wir, als wir diese Erde von ihrer Sonne losketteten? Wohin bewegt sie sich nun? Wohin bewegen wir uns? Fort von allen Sonnen? Stürzen wir nicht fortwährend? Und rückwärts, seitwärts, vorwärts, nach allen Seiten? Gibt es noch ein Oben und ein Unten? Irren wir nicht wie durch ein unendliches Nichts? Haucht uns nicht der leere Raum an? Ist es nicht kälter geworden? Kommt nicht immerfort die Nacht und mehr Nacht? Müssen nicht Laternen am Vormittage angezündet werden? Hören wir noch nichts von dem Lärm der Totengräber, welche Gott begraben? Riechen wir noch nichts von der göttlichen Verwesung? – auch Götter verwesen! Gott ist tot! Gott bleibt tot! Und wir haben ihn getötet! Wie trösten wir uns, die Mörder aller Mörder? Das Heiligste und Mächtigste, was die Welt bisher besaß, es ist unter unsern Messern verblutet – wer wischt dies Blut von uns ab? Mit welchem Wasser könnten wir uns reinigen? Welche Sühnefeiern, welche heiligen Spiele werden wir erfinden müssen? Ist nicht die Größe dieser Tat zu groß für uns? Müssen wir nicht selber zu Göttern werden, um nur ihrer würdig zu erscheinen? Es gab nie eine größere Tat – und wer nur immer nach uns geboren wird, gehört um dieser Tat willen in eine höhere Geschichte, als alle Geschichte bisher war!«

Die hierin zum Ausdruck kommende Verzweiflung darob der Richtungs- und Bedeutungslosigkeit des modernen Lebens kann man beinahe mit Haenden fassen. Beides muss innerhalb der Zeit gesehen werden in der diese Saetze geschrieben wurden (die selbe Zeit zu der auch Das Kapital geschrieben wurde). Ebenso muss der Vergleich zum Zustand der Gesellschaft und des Menschen dieser Zeit gezogen werden zu jener Zeit bevor die Industrialisierung einsetzte. Und die letzten Bemerkungen sind durchaus auch in die Richtung eines „Uebermenschen“ gerichtet. Aber mitnichten in der perversen Form wie die Nazis das Werk Nietzsches mit ihrer hirnrissigen „Interpretation“ besudelten. Sondern eher in der Form, dass der moderne Mensch (nach Nietzsche) aufgrund der „gesprengten Ketten“ Seuchen und Hunger und Elend geschafft hat auszurotten und auf dem Mond zu landen. Dies gerade WEIL der Mensch ab diesem Zeitpunkt _selbst_ Richtung und Bedeutung seines Lebens bestimmen konnte.
Nichtsdestotrotz, diese tollen Sachen brauchten Zeit, waehrend die Vermassung der Menschen bereits in vollem Gange war.

Dies war eine etwas ausfuehrlichere Abschweifung, die aber sehr gut hierher passt.

Wenn man nun Marx liest dann erkennt man (150 Jahre spaeter), dass Dtschl. zwar  die gebildetste Nation der Erde war zu dem Zeitpunkt als die totalitaeren Ideen populaer wurden bei den Vølkern Europas, aber dass es damit nicht weit her war. Wenn es den meisten Menschen so elendig geht wie in Das Kapital beschrieben (oder nur wenig besser), dann macht auch eine høhere durchschnittliche Bildung, oder eine gebildete sog. Mittelklasse, nichts aus.
Die vermassten Menschen kønnen leicht benutzt werden im Sinne weniger bøser Menschen. Siehe Goebbbels weiter oben und dies ist dann auch die direkte Verbindung zu Der Archipel Gulag in welchem ja die Antwort auf die Frage wie bøse man eigentlich ist, gegeben wird. Da hilft es dann auch nicht, wenn besagte Mittelklasse gebildet ist aber nix dagegen tut (siehe, persønliche Verantwortung).

Das Selbe passierte auch bei den Bolschewiken! Die haben zwar keine Rassenideologie benutzt als Grundlage ihrer Weltanschauung aber eine perverse Interpretation der Marxschen Theorien — „absterbende Klassen“ und sich immer aendernde Definitionen der Selben um „die Strøme flieszen zu lassen“.
Hannah Arendt hat uebrigens die groszen Leistungen Marx absolut anerkannt, war aber auch eine der Ersten die auf den Missbrauch dieser Ideen durch die Bolschewiken hingewiesen hat. Das machte sie nicht gerade beliebt zu ihrer Zeit, in der viele sog. Intellektuelle die Sowjetunion noch als toll ansahen (bevor Solschenizyn die Verbrechen fuer alle sicht- und unleugbar machte).

Soweit zur Stellung von Das Kapital im Triptychon. Es gibt keine direkte Verbindung zu den mich plagenden grundlegenden Fragen, da es geschrieben wurde bevor die Katastrophen geschahen welche diese Fragen ueberhaupt erst in mir provoziert haben. Aber es wird dort sehr wichtiges Hintergrundwissen geliefert welches benøtigt wird um die Fragen (und Antworten) richtig einordnen zu kønnen. Dieses Wissen ist sozusagen das „Substrat“ welches eine ernsthafte Behandlung dieses Themas (und eine Verortung des Individuums darin) erst ermøglicht.
Auszerdem hilft das Lesen dieses Buches ungemein, unsere heutige Welt und die darin herrschenden Verhaeltnisse besser zu verstehen :) .

Die obige Erkenntnis, dass Bildung keinen Unterschied macht, wenn die persønliche Verantwortung nicht wahrgenommen wird, verstaerkte die Furcht in meinen Knochen, welche durch die Lektuere des Werkes Solschenizyns induzierte wurde. Es brauchte Jahre (und wieder Hannah Arendt) bis ich den „Knoten“ schaffte zu løsen.

Deswegen møchte ich auch diesen Beitrag mit einem positiven Ausblick abschlieszen. Denn auch wenn es erstmal nicht so scheint, denke ich, dass Bildung vermutlich DOCH einen Unterschied macht.
Mir scheint, dass der Druck und Protest gegen den ganzen Mist der derzeit in der Welt passiert _relevanter_ ist, als der Widerstand gegen die Nazis oder Bolschewiken am Anfang des 20. Jahrhunderts. Das soll in KEINSTER Weise die Opfer und Arbeit der damaligen Widerstandskaempfer klein machen! Ich kann das leider nur so diffus ausdruecken und vielleicht hilft es, wenn ich ein paar Beispiele gebe.
Ich meine das Aufbegehren gegen die Missstaende des eiternden Kapitalismus, die Klimakatastrophe oder auch der gegen die Versuche die totalitaeren Ideologien wieder auferstehen zu lassen (und viele andere Dinge). Ich meine damit nicht unbedingt Proteste und Straszensperren aber die øffentliche Diskussion. Es wird endlich ernsthaft eine 4-Tage-Woche oder das Grundeinkommen diskutiert! Die (nicht nur) jungen Menschen lassen sich nicht mehr mit (falschen!) Versprechenungen auf Tinnef und ein bequemes Leben abspeisen und sagen den Maechtigen (was auch die Eltern sind, also wir!) direkt ins Gesicht, dass sie inkompetent sind und abgewaehlt gehøren, wenn sie nichts tun gegen die Klimakatastrophe! Oder auch der Wahlerfolg Trumps! Klar er hat verloren in 2020, aber wenn man sich die Zahlen mal ansieht, dann sieht man, dass er fast 12 Millionen mehr Stimmen bekommen hat als 2016! Das heiszt, dass ihn und seine Weltanschauung fast 20 % MEHR Menschen toll fanden als bei der letzten Wahl. Das ist natuerlich scheisze! Aber wenn man besagte Zahlen sieht, dann erkennt man, dass NOCH VIEL MEHR Menschen ganz bewusst GEGEN diese Ideologie standen. Und Anfang des 20 Jahrhunderts war es eben nicht so, dass 15 Millionen zusaetzliche Menschen innerhalb von 4 Jahren ihre eigene Verantwortung erkannten und wahrgenommen haben! Und solche Sachen sind der Grund, warum ich darob der Lage der Welt nicht total am verzweifeln bin :)

Schøn, nicht wahr! Das Lesen des Triptychon hat Relevanz weit ueber das intellektuelle Vergnuegen hinaus :)

Dies ist eine Frage die mich fast so lange beschaeftigt wie ich mich bewusst (zurueck) erinnern kann.

Nach der Wende war es ganz selbstverstaendlich zu sagen, dass _ich_ ja niemals in die SED eingetreten waere und ganz bestimmt nach Bautzen gekommen waere weil ich mein Maul nicht halten kann. Aber ich realisierte ganz schnell (so schnell wie das als junger Teenager geht), dass das ja arg so klang wie die ganzen Widerstandskaempfer die es pløtzlich ueberall in Dtschl. gab, nachdem der Krieg verloren war.

Um diese Zeit herum fing ich auch an mich ernsthaft mit der Nazizeit zu beschaeftigen. Die bekannten Greueltaten der Nazis gingen (und gehen) mir sehr nahe. Das beinhaltet ja nicht nur die Vernichtungs- und Konzentrationslagern (von denen es ueber 1000 gab!), sondern auch alles was die Menschen auf dem Weg dorthin und alles davor erlebten. Ich kann das einfach nicht verarbeiten. Wieso kønnen Menschen so furchtbar zu anderen Menschen sein? Das hat nichts mit Schuldgefuehlen zu tun, aber im Grunde sehr viel mit der einleitenden Frage.
Zu dieser sehr emotionalen Beschaeftigung mit den Verbrechen der Nazis kam spaeter die etwas reflektiertere Frage, wie das vermutlich gebildetste Volk der Welt (zu der Zeit), dieser Ideologie so schnell verfallen konnte?
Das ist bei genauerer Betrachtung natuerlich nur eine Variation der ersten Frage, aber die Variation ist wichtig liegt doch darin das Wohl und Wehe eines potentiellen Mechanismus (Bildung) um derartige Katastophen in der Zukunft zu verhindern. Diese zweite Frage hat auch (wieder) einen ganz persønlichen Hintergrund. Klammere ich mich doch sehr an meine Bildung und Intelligenz … aber Goebbels war auch studiert (mit Doktorgrad) und somit gebildet; das hilft also im Speziellen nicht. Das macht mir Angst und ich komme zur urspruenglichen Frage zurueck: Wie bøse bin ich eigentlich?
Es ist auch zu bedenken, dass es mglw. keine eindeutige Antwort gibt.

Waehrend ich mich in diesem und dem naechsten Beitrag zwar auf die ersten beiden Teile des Triptychon konzentriere, so komme ich nicht umhin bereits Begriffe und Erkentnisse aus meiner Lektuere von Hannah Arendts Werk einflieszen zu lassen. Das ist aber nicht schlimm, es ist gar gewollt, denn in den naechsten drei Artikeln geht es mir ja darum, die Verknuepfung dieser drei Werke darzustellen.

Egal wieviel ich las und versuchte mich zu informieren — (nicht nur) Schulbuecher, Ausstellungen, Zeitungsartikel, Augenzeugenberichte, Interviews, Analysen, Filme etc. pp. — fand ich keine befriedigenden Antworten auf die obigen Fragen. Waehrend dieses Prozesses (der mitnichten abgeschlossen ist!) lernte ich zwei andere wichtige Dinge.
Erstens, dass dies keine spezifisch „deutsche“ Problematik war, sondern dass es ein Menschheitsproblem ist. Neben den Konzentrationslagern der Nazis trat dabei insbesondere die industrielle Vernichtung sog. „absterbender Klassen“ in sog. „Arbeits“lagern durch die Bolschewiken hervor. Dies deswegen weil es ein anderer (und doch der selbe) Ausdruck der selben Problematik zur selben Zeit war. Im Allgemeinen komme ich darauf zurueck, wenn ich mich naeher zu Hannah Arendts Buch auslasse.
Zweitens, dass im Nachhinein immer nur ein ein paar wenige Personen als „schuldig“ hingestellt wurden. „Der Hitler hat das Volk verfuehrt!“ oder „Der Stalin war’s!“ oder „Die SS war’s!“ oder „ICH habe nur Befehle befolgt damit ich nicht selbst erschossen werde aber (persønliche) Verantwortung trage ich keine!“
Diese Herangehensweise versagt natuerlich eine ehrliche Beschaeftigung mit dem Thema und wie man selbst, trotz des generationenspannenden Abstands, darin verortet ist. Wobei ich auch zugeben muss, dass es auch ehrlichere Darstellungen gibt. Ein Beispiel sind die Stolpersteine, ein anderes Beispiel waere der Film „Schindlers Liste“ und mir fallen diffus auch einige Teile von Ausstellungen, Artikeln, Interviews etc. pp. ein die sich nicht unter dem „Wer anders hat Schuld“ mit dem allgemeinen Thema beschaeftigen.

Der letzte Punkt scheint doch „ganz klar“ zu sein, ist es aber nicht! Denn man selber zaehlt sich automatisch zu den „guten Menschen“. Und wenn man von klein auf mit dem herrschenden Narrativ („Ich war’s nicht!“) sozialisiert wird, dann ist es ganz schwer daraus aus zu brechen. Erst ueber einen laengeren Zeitraum, indem man Kruemel anderer Sichtweisen mal hier, mal dort liest, hørt oder sieht, merkt man, dass mit dem herrschenden Narrativ irgendwas fundamental nicht richtig ist.

Aber ich versuche hier eine persønliche Entwicklung nachzuzeichnen, die mich nun seit bald drei Jahrzehnten beschaeftigt. Das geht nicht, denn ich finde mitnichten alle Quellen die mich beeinflusst haben.
Deswegen waehlte ich das Tritpychon von Buechern um dies zumindest etwas deutlich zu machen.

Solschenizyn konfrontiert die Frage nach der Bosheit, ja der Bøsartigkeit in jedem Einzelnen sehr direkt in „Der Archipel Gulag„. Seine Beschreibungen wie Menschen die deine Nachbarn sein kønnten, ja die ganz konkret die Ehemaenner oder -frauen bzw. die Muetter und Vaeter von anderen Menschen sind (!), zu Schlaechtern werden. Dies ist besonders eindruecklich im ersten Buch, in denen er detailliert auf die Vorgaenge in den Folterkellern der Lubyanka, dem Sitz des NKWD (was spaeter der KGB wurde). Natuerlich gingen laengst nicht alle Opfer des Gulag Systems durch die Lubyanka aber der Terror, im konkreten durch das Herausfoltern von Gestaendnissen, ist ein integraler Bestandteil derartiger Systeme. Und eben da es integraler Bestandteil ist, findet such der Terror auch dann wenn man im Lager ist und auch danach. Und Terror ist nicht nur von Seiten der Wachmannschaften oder aehnlichen Personen zu erwarten, sondern auch von Seiten der Mithaeftlinge. Darauf geht er in den darauffolgenden zwei Buechern ein.

Als ich dieses Buecher las konnte ich mir eine Vorstellung vom modus operandi eines totalitaeren Systems machen. Ein Satz, (der oft wiederholt wird in diesen drei Buechern) ist:

Die Strøme muessen flieszen!

Dieser Satz ist mir bis heute im Kopf haengen geblieben. Ist er doch konkreter, bildlicher Ausdruck dessen, was ein totalitaeres System ausmacht. Aber zu dem Zeitpunkt begriff ich das noch nicht. Mir war klar, dass damit die Menschenstrøme ins und innerhalb des Gulagsystems gemeint sind. Aber auf das wirkliche _Verstehen_, dass Terror _DAS_ Merkmal des Totalitarismus ist, musste ich noch ca. 10 Jahre warten … bis Hannah Arendt es mir sagte.

An dieser Stelle greifen die Buecher auch ineinander mit anderen wichtige Zeugnissen aus dieser Zeit. Herausheben møchte ich an dieser Stelle die Doktorarbeit von Paul Martin Neurath: „Die Gesellschaft des Terrors — Innenansichten der Konzentrationslager Dachau und Buchenwald“ (ich habe diese Arbeit in der 2004 bei Suhrkamp erschienen Ausgabe). Darin schildert (und teilweise analysiert) der Autor detailliert seine eigenen Erlebnisse in besagten Konzentrationslagern. Da dies hier aber nicht das Thema sein soll, møchte ich nur darauf hinweisen, dass dies nicht nur die Verbindung zwischen zwei totalitaeren Systemen ist, die auch heute noch als was vøllig unterschiedliches angesehen werden. Vielmehr ist dies die Essenz die darlegt, dass es sich beim Terrorsystem der Nazis und beim Terrorsystem der Bolschewiken im Grunde um ein und die selbe Sache handelt.

Es sei noch gesagt, dass Solschenizyn keine Erklaerung fuer den Terror des Systems gibt. Es ist halt so — die Strøme muessen flieszen. Ich denke dies liegt vor allem daran, dass dies nicht die Aufgabe dieser Buecher sein soll. Diese dienen vor allem der Dokumentation (und in groszen Teilen auch der Einordnung) der Greueltaten.

Wieauchimmer, das Lesen dieses Werkes liesz mich fuer Jahre, ganz konkret bis vor Kurzem, mit einer frostigen Furcht in meinen Knochen zurueck. Dies liegt daran, dass ich mir nach der Lektuere meine Frage selber und ganz konkret beantwortet konnte: ich kønnte und wuerde vermutlich sehr bøse sein :( . Das belastete mich und somit liesz mir das Thema (trotz der Beantwortung der Frage) auch weiterhin keine Ruhe. Ich versuchte eine neue Antwort zu finden, eine Antwort darauf, wie ich nicht meiner eigenen Bosheit verfalle. Erst Hannah Arendt zeigte mir einen Ausweg aus dem Dilemma oder vielmehr, dass ich von Anfang an auf dem richtigen Weg war (und bin) um diese in jedem Menschen innewohnende Situation ueberhaupt nicht erst zu einem (persønlichen) Dilemma zu machen.

Das Kernstueck, ja das Herz, des Triptychons, das alles zusammenhaelt und erst die Grøsze und Wichtigkeit aller drei erkennen laeszt ist Hannah Arendts, Elemente und Urspruenge totaler Herrschaft!

Soweit wie ich mich zurueck erinnern kann, dass ich (un)bewusst danach strebte, zu verstehen was es bedeutet ein Mensch zu sein, war mir bekannt, dass es dieses Buch Meisterwerk diesen Olymp des menschlichen Intellekts gibt.
Und all die Jahre fuehlte ich intuitiv, dass ich es auch mal lesen _muss_ (!), wenn ich in meinem Streben signifikant voran kommen will. Nur kam ich nie dazu es mal zu bestellen (ob in der Biblithek oder im Buchladen). Das lag natuerlich auch daran, dass ich andere „schwere Kost“ konsumierte und ganz allgemein das Leben dazwischen kam … und ich oft genug auch einfach mal nur in „leicht verdaulichen“ Welten entspannen wollte/will (vulgo: andere Buecher, Filme oder Videospiele).

Im Sommer waren wir dann aber im Sueden unterwegs und ohne dass es geplant war, kamen wir bei Fjærland vorbei, einem Buecherdorf. Ehemalige Staelle und Scheunen sind dort zu (teils riesigen) Antiquariaten umgebaut worden. Und da es ohnehin unser „Ruhetag“ war schauten wir uns das mal an.
Zu meiner Ueberraschung gab es im ersten Antiquariat das ich betrat einen Raum mit dtsch. Buechern. Nichts Spektakulaeres erwartend sah ich dort dann pløtzlich dies …

… und dachte dann: Nein! Das geht doch gar nicht! Hier? Einfach so? … Doch! Das ist tatsaechlich genau das Buch das ich schon seit so vielen Jahren lesen wollte! … Oh! Das ist ja unglaublich! Das kauf ich mir!

Man kønnte meinen, dass man gerade ueber solche Buecher nicht einfach so stolpert. Aber bei Archipel Gulag (und etlichen anderen Buechern) war’s ja auch so.

Noch am selben Tag begann ich zu lesen … und trotzdem die dort behandelten Themen sehr komplex sind, sowohl inhaltlich als auch sprachlich, war es fuer mich ganz schwer dieses Buch wieder aus der Hand zu legen!
Ueberhaupt scheint die Qualitaet des geschriebenen Wortes der Sprache ein Erkennungszeichen der wirklich wichtigen Werke der Menschheitsgeschichte zu sein (siehe auch hier). Wie schon beim Kapital musste ich viele Saetze und Abschnitte mehr als einmal lesen.
Die Informationsdichte des Textes ist extrem hoch. Das ist etwas, was ich sehr schaetze, auch wenn es bedeutet, dass ich nur langsam lesen kann. Hinzu kommt, dass viele (ich wuerde sagen, gar die allermeisten) der dort be- und angesprochenen Dinge, mir auf diese Art und unter dieser Betrachtungsweise noch nie praesentiert wurden. Zur bereits erwaehnten mentalen „Arbeit“ kam deswegen hinzu, dass mein Geist beim Lesen die ganze Zeit mit neuen Ideen konfrontiert war und versuchte diese in das bereits vorhandene Informationsnetzwerk (eigentlich so ziemlich alles, aber siehe insb. Triptychon I und II) zu integrieren.

Und genau dies fuehrte dazu, dass fuer mich das Lesen dieses Buches einer Offenbarung glich.

Ich kann gar nicht aufzaehlen, wie oft ich innehalten musste, weil mein Geist verbluefft war ueber die Klarheit, mit der diese ganz fantastische Frau (beinahe) im „vorbei gehen“ Fragen beantwortete, die mir seit mehreren Jahrzehnten auf dem Herzen lagen.
Aber der Platz zur Begruendung dieser Aussage ist nicht hier, sondern im letzten Beitrag in dieser Reihe.

Und dann sind da auch noch die langen, verwobenen Saetze. An so etwas habe ich ja immer eine grosze intellektuelle Freude (siehe auch Lem). Selbst wenn dies bedeutet, dass ich die mehrfach lesen muss, um die Information auseinander zu klamuesern

Alles in allem, wurde ich beim Lesen immer wieder „aufgehalten“. Und dennoch ist dieses Buch ein „pageturner“ … nur nicht im ueblichen Sinne, sondern eher, dass man total gespannt ist, was denn die naechste Seite an neuen Erkentnissen und geistiger Freude bringen wird.

In kurz analysiert Hannah Arendt in diesem

[…] Standardwerke der Totalitarismusforschung

…, wie es zur grøszten Katastrophe der Menschheitsgeschichte kommen konnte — der industriellen Ausrottung von Menschen, in Ost und West (!), und dies trotz aller anderen sonst die Weltgeschichte bestimmenden Strøme (vulgo: Kapitalismus) die solcherartigen Geschehnisse im Allgemeinen (nicht im Besonderen!) entgegen stehen.
Aber mehr schreibe ich dazu nicht, denn der obige Link zu Wikipedia fasst das besser zusammen, auch wenn besagte Zusammenfassung mitnichten dem Buch gerecht wird und ganz sicher kein Ersatz fuer’s selber Lesen ist.

Zum Abschluss møchte ich darauf hinweisen, dass trotz meiner obigen Schwaermereien die Themen dieses Buches (beinahe buchstaeblich) grabesschwer sind. Dies liegt nicht zuletzt an der aktuellen Relevanz. Sind doch die selben Mechanismen immer noch (und mitnichten (!) schon wieder) am Wirken. Immer wieder sasz ich beim Lasen da und kam nicht umhin die Parallelen zu heutigen Akteuren im politischen Proszess zu sehen. Dennoch liesz mich das Buch an keiner Stelle verzweifeln. Denn gleichzeitig sieht man auch, inwieweit die Zivilgesellschaft heutzutage ANDERS ist, als damals. Das bedeutet nicht, das alles knorke ist, aber mglw., dass es nicht wieder zu einer solchen Katastrophe kommen muss.

Wir sind nicht dazu verdammt, die Geschichte zu wiederholen! Das Wissen um Selbige ist dabei ausschlaggebend. Und dieses Buch ist mglw. der beste Startpunkt um sich der wichtigsten Dinge bewusst zu werden — insbesondere der uns innewohnenden Menschlichkeit und wie gewisse Akteure versuchen diese auszuløschen um uns zu Komplizen zu machen.

Deswegen: LESEN!