Mhmmm … es faellt mir schwer diesen Beitrag anzufangen, denn ich wollte urspruenglich schreiben: „Es ist ja weithin bekannt, dass sich die Ausdehnung des Universums beschleunigt“. Andererseits befuerchte ich, dass das _nicht_ weithin bekannt ist. Deswegen ein kurzer Crashkurs in Kosmologie (der dann nahtlos das integriert, worauf ich eigentlich hinaus will). Fuer Details verweise ich auf dieses Buch …

… was ihr, meine lieben Leserinnen und Leser, euch gerne bei mir ausborgen kønnt, wenn es das nicht in eurer lokalen Bibliothek gibt … aber nicht alle auf einmal, ich habe naemlich nur ein Exemplar.

(Seeeeee … eeeeee … eeeeee … ehr) Vereinfachend gesagt ziehen sich Dinge die eine Masse haben gegenseitig an. Daraus folgt das Problem, dass das Universum in sich zusammenfallen sollte. Etwas genauer: es sollten sich NICHT nur die Galaxien aufeinander zubewegen, sondern das Universum worin die sich befinden (also die Raumzeit) an sich!
Im Gegensatz zu ganz oben denke ich, dass es tatsaechlich weithin bekannt ist, dass das Universum sich ausdehnt. Dem war aber mitnichten so, als Albert Einstein in den 10’er Jahren des 20. Jahrhunderts seine wunderschøne Gravitationstheorie der Welt praesentierte. Vielmehr herrschte damals der Konsens, dass das Universum statisch ist. Also schon immer so war wie es ist und immer so sein wird, ohne Anfang und ohne Ende.

Die Leute damals waren nicht doof, die wussten es nur nicht besser, weil die Beobachtungsinstrumente (vulgo: Teleskope und Spektrometer) nicht gut genug waren um genau genug weit entfernte Sterne zu beobachten.
Das „Dumme“ war damals nun leider, dass aus Einsteins Gleichungen „heraus faellt“, dass das Universum NICHT statisch ist, sich also entweder im Zustand der Expansion befindet oder am Schrumpfen ist.
Tja … und was macht man wenn eine echt gute Theorie, die andere Sachen erklaert die vorher nicht erklaerbar waren, im Widerspruch zur wahrgenommenen Welt steht? Ganz genau! Es ist in der Wissenschaft vøllig ueblich die entsprechenden Gleichungen so wenig wie møglich zu modifizieren, um sie den Beobachtungen anzupassen. Das ist ganz im Sinne von Thomas Kuhn; es kommt erst dann zum Paradigmenwechsel (und somit zu ganz neuen, anderen Gleichungen), wenn es nicht mehr haltbar ist besagte Gleichungen weiter zu modifizieren, weil die Realitaet zu sehr davon abweicht. Aber Letzteres ist natuerlich nur durch neue, und genauere Messungen møglich (siehe oben).

Die kleinste Modifizierung die Einstein an seiner Gravitationstheorie vornehmen konnte war das Hinzufuegen eines konstanten Terms — die kosmologische Konstante. Diese Konstante hat eine, der gravitativen Anziehung entgegenwirkende, Abstoszung zur Folge. Aber NUR auf groszen, kosmologischen Skalen, also nicht bei Entfernungen die kleiner oder gleich den Abstaenden in Galaxienhaufen sind.
Eine Konstante ist mathematisch tatsaechlich die geringstmøgliche Modifizierung eine jeden Gleichung und es ist prima, dass es nichts Kompliziertes bedurfte, um das (damals) beobachtete statische Universum zu „retten“.

Dann stand Edwin Hubble aber ein neues supertolles Teleskop zur Verfuegung. Dank der experimentellen Gewandtheit seines Assistenten Milton Humason, konnte das Auseinanderstreben der Galaxien(haufen) entdeckt und 1929 im Artikel mit dem passenden, wenn auch sperrigen, Titel „A Relation Between Distance and the Radial Velocity Among Extra-Galactic Nebulae“ in Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America, 15 (3), pp. 168–173, verkuendet werden (durchaus interessant zu lesen wenn man sich dafuer interessiert, aber doch eher … mhmmmm … ich sag jetzt mal: trocken).

Kurzer Einschub #1: Milton Humason wird zu Unrecht meist nicht mitgenannt wenn es um die Entdeckung der Expansion des Universums geht. Das ist eine riesige Sauerei! Klar, Hubble ist fuer die theoretische Interpretation der Daten verantwortlich, aber die Messungen dafuer mussten _extrem_ praezise sein und das ueber mehrere Naechte. Ohne die technische Expertise Humason’s haette Hubble niemals die nøtigen Daten bekommen, um diese Entdeckung ueberhaupt zu machen!
Kurzer Einschub #2: Beide haetten einen Nobelpreis dafuer verdient, im Falle von Hubble waren sich die Physiker zu dem Zeitpunkt sogar einig darueber. Aber Astronomie war damals noch nicht als Teil der Physik anerkannt und deswegen wurde Hubble (oder Humason) nie zum Mittag mit dem schwedischen Kønig eingeladen.

In der Geschichte der Wissenschaft gibt es selten derart (und sogar beinahe im Wortsinne) weltanschauungsumwerfende Messergebnisse die so schnell akzeptiert wurden wie die zur Expansion des Universums. Meistens dauert das mindestens ein paar Jahre bis auch die letzten Zweifel ausgeraeumt sind. Das soll so sein und ist ein eingebauter Mechanismus in der Wissenschaft; gerade im Falle von Messergebnissen die dem bisher Anerkannten Verstaendniss der Realitaet widersprechen.
Aber bzgl. der Expansion des Universums „lag es wohl schon laenger in der Luft“ (sicherlich nicht zuletzt durch Einsteins Theorie), weswegen dann der Wert der kosmologischen Konstante auf Null gesetzt wurde (ich vermute mit groszer Erleichterung). Und hier kommt jetzt ins Spiel, dass Einstein eben diese Konstante als „die grøszte Eselei“ seines Lebens bezeichnet hat. Leider konnte ich zu dem Zitat die Originalquelle nicht finden.

Meiner Meinung nach wird diese Aussage aber von den allermeisten Menschen falsch interpretiert (und bis vor Kurzem gehørte ich dazu). Denn wenn man sich nicht weiter damit auseinandergesetzt hat, ist es wohl nur natuerlich diesen Ausspruch darauf zu beziehen, dass die kosmologische Konstante den urspruenglichen Einsteinschen Gleichungen hinzugefuegt wurde. Aber ich schrieb ja oben, dass das ein ganz normaler und von der Wissenschaft akzeptierter (in dem Sinne also richtiger) Vorgang ist.
Nach der Lektuere des oben gezeigten Buchs bin ich aber der Meinung, dass Einstein das nicht auf die Erweiterung der Gleichungen an sich bezogen hat. Vielmehr denke ich, dass er damit meinte, dass er nicht seinem wissenschaftlichen Gespuer vertraute, also gerade NICHT der Mathematik und den daraus zu ziehenden Folgen (einem expandierenden Universum) folgte, sondern sich dem herrschenden Konsens „unterwarf“, obwohl die Hinweise in eine andere Richtung zeigten. Und ja, DAS ist (zurecht) als eine „Eselei“ zu sehen, wenn es um Giganten wie Einstein geht. Das gilt natuerlich i.A. (!) mitnichten fuer normale Leute wie mich, denn da ist die Gefahr viel zu grosz, dass ich etwas Wichtiges uebersehen, oder eine logische Schlussfolgerung falsch gezogen habe und dann auf ’ne dumme Verschwørungstheorie hereinfalle oder auch einfach nur Nonsens von mir gebe … ich bin halt kein (geistiger) Gigant.

Hinzu kommt, dass Einstein die kosmologische Konstante auch aesthetisch als haesslich (in den nach ihm benannten Gleichungen) empfand.

Der Narrativ weitab der eigentlichen Gravitationsforschung war dann im Wesentlichen, dass es keine kosmologische Konstante gibt. Deren Wert wurde also im „populaerwissenschaftlichen Bereich“ nicht nur auf Null gesetzt, sondern die Existenz wurde abgesprochen.
Aber wie gesagt, in die mathematische Struktur passt die ganz natuerlich hinein. Und das gilt selbst dann, wenn es dem aesthetischen Empfinden Einsteins widersprochen hat. Mathematik muss im Zusammenhang mit der Physik interpretiert werden und das øffnet dann den Møglichkeitsraum fuer Aesthetik (siehe bspw. Ockhams Rasiermesser).
Die Gravitationsforscherinnen und -forscher haben die kosmologische Konstante in ihren Betrachtungen also immer „mitgeschleift“ und bei der Interpretation der Gleichungen deren Wert auf Null gesetzt … oder auch nicht! Und das habe ich erst durch die Lektuere des dicken Buches gelernt, dass in der Forschung die kosmologische Konstante im Wesentlichen nie verschwunden ist.

Deswegen war es dann fuer die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen gar keine all zu grosze Ueberraschung, als Ende der 90’er Jahre des 20. Jahrhunderts Messungen ergaben, dass sich das Universum nicht nur ausdehnt, sondern dass sich die Ausdehnung mit der Zeit sogar beschleunigt! Ganz im Gegensatz zu mir, der ich davon komplett „ueberfahren“ wurde.

Lange Rede kurzer Sinn: Einsteins Gravitationstheorie ist immer noch richtig und die „Eselei“ bezog sich (vom Aesthetischen abgesehen) nicht wirklich auf die kosmologische Konstante an sich.

Fein wa! Und nicht nur weil mir das ’n Grund gab das dicke Buch noch mal zu zeigen :) .

Leave a Reply