Es ist schon ein klein wenig laenger her, als ich den ersten Teil schrieb, in dem ich mich eher in einem „meta-Sinne“ ueber den Kommentar (in Artikellaenge) von Shizuyo Sutou in Genes and Environment, 40 (article number 26), 2018 mit dem Titel „Low-dose radiation from A-bombs elongated lifespan and reduced cancer mortality relative to un-irradiated individuals„ ausliesz.
Es waren dann erstmal andere Sachen zu tun und auch keine Lust vorhanden das hier zu schreiben. Nun sitze ich aber gerade (und noch eine Weile) im Zug und habe zwar immer noch keine Lust … aber auch nix anderes zu tun. Selbstueberredung sei dank folgt dem ersten Teil endlich mal der zweite Teil.
Zunaechst sollte ich sagen, was Hormesis ist:
Hormesis is a two-phased dose-response relationship to an environmental agent whereby low-dose amounts have a beneficial effect and high-dose amounts are either inhibitory to function or toxic.
Das ist uns (also euch, meinen lieben Leserinnen und Lesern und mir) hier im Weblog auch schon begegnet, wenn auch in „umgekehrter Form“: lange wurde angenommen, dass Alkohol „hormetisch“ ist; kein oder zu viel Alkohol sind schlecht, das „richtige“ Masz aber ist gut … der Widerlegung dieser dummen „Volksweisheit“ widmete ich eine eine eigene Miniserie und werde deswegen nicht (nochmal) naeher darauf eingehen.
Meine erste persønliche Erfahrung mit einem „hormetischen Stoff“ hatte ich in Form einer Frage die mich sehr beunruhigte. Als naemlich der junge Mann der bei mir wohnt noch nicht geboren war, sein ganz individueller Phaenotyp sich aber schon kraeftig aus dem (ebenso individuellen) Genotyp entwickelte, poppte in meinem Gehirn pløtzlich die Frage auf: .o(Ach du Schreck! Woher weisz der neue Mensch denn, dass er sofort nach der Geburt alleine atmen muss?).
Die Antwort liegt im Kohlenmonoxid. Das ist naemlich ein Neurotransmitter und wenn von dem zu viel im Blut ist (weil man bspw. nicht atmet), dann startet das „Froschgehirn“ den Atemreflex. Das heiszt also, dass dieses Molekuel in kleinen Dosen nuetzlich fuer den Kørper ist, waehrend es bekannterweise in groszen Dosen vergiftend wirkt.
Und nun endlich zu dem worueber das erwaehnte Kommentar eigtl. handelt: (sehr) (leichte) Radioaktivitaet fuehrt zu weniger Krebstoten.
Wie erwaehnt fuehrt Sutou eine Vielzahl (meiner Meinung nach durchaus plausibler) Forschungsergebnisse an, warum dem so sein sollte. Und relativ kurz nachdem ich den Artikel angefangen hatte zu lesen, definitiv noch bevor ich meine Meinung diesbezueglich modifizierte, poppte in meinem oben erwaehnten Gehirn die Idee eines Mechanismus auf, wie das sein kønnte … und der geht (ganz grob und vereinfachend) so:
– Krebszellen sind (im Wesentlichen) unsterblich, die (hier ebenso bereits thematisierte) Apoptose funktioniert nicht richtig, weil die dafuer nøtigen Gene „kaputt“ sind;
– es ist aber so, dass Apoptose auch von den Mitochondrien eingeleitet werden kann;
– wenn nun ein bisschen Strahlung die (Krebs)zelle noch ein bisschen mehr kaput macht, kønnte das gerade ausreichen, dass die Mitochondiren aktiv werden und den Zelltod einleiten, obwohl die (Zellkern)Gene dafuer ausgeschaltet sind;
– das fuehrt dann dazu, dass Krebszellen absterben, bevor sie sich massiv vermehren und zu einem Problem werden;
– gesunde Zellen werden natuerlich auch geschaedigt, aber weil die Apoptose dort richtig funktioniert sterben die einfach nur ab und es macht fuer den Gesamtorganismus keinen Unterschied ob das nun wegen wenig Strahlung oder wegen was anderem war;
– das Ganze ist natuerlich ein Prozess der selber auch zu Krebs fuehren kann, wenn die Strahlung ueberhaupt erste besagte „Apoptosegene“ kaputt macht;
– aber es gibt urst URST viel DNA-„Material“ was scheinbar (anscheinend?) ueberhaupt keine Funktion hat (also bspw. (und meistens) nicht in Eiweisze ausgedrueckt wird) und Strahlung „trifft“ auf die DNA rein statistisch und bei geringer Strahlung ist es wahrscheinlicher, dass ein Bereich der DNA getroffen wird, bei dem das nicht so schlimm ist und unwahrscheinlich, dass ein „Apoptosegen“ beschaedigt wird;
– nun ist die Zelle aber groeszer als der Zellkern und es kønnte sein, dass (geringe) Strahlung in ihr rein statistisch gesehen etwas haeufiger ’ne Sache kaputt macht, die dann die Mitochondiren alarmiert und manchmal ist das dann ’ne Krebszelle;
– das Ganze hørt bei Strahlungsdosen die nicht mehr als gering (!) bezeichnet werden kønnen auf zu funktionieren, einfach weil die Chance „gute DNA“ zu „treffen“ (und damit zu veraendern) sich vergrøszert, waehrend (mglw.?) die Chance „irgendwas in der Zelle kaputt machen“ nicht im gleichen Masze zu nimmt;
– so weit so gut … nun ist es auch so, dass die Erde (viel) frueher etwas mehr radioaktiv war, als sie es heute ist … es wuerde mich also nicht wundern, wenn damals die ersten DNA enthaltenden Organismen sich so entwickelten, dass es insgesamt von Vorteil war mehr „unnuetze DNA“ mit sich „rumzuschleppen“ um etwas bestaendiger gegen besagte Strahlung zu sein;
– damals fuehrte das zwar zu weniger mutierten Zellen, aber weil das so frueh in der Evolution entstanden ist, ist es so sehr in den „Funktionsprinzipien der DNA“ (und damit des ganz allgemeinen Lebens) eingebaut und deswegen ist das immer und ueberall sowieso da und zaehlt somit nicht wirklich zum besagten Mechanismus sondern ist eher eine Art „evolutionaer verminderte Krebsbasisrate“;
– die Mitochondiren kamen spaeter dann dazu und uebernahmen eine wichtige Rolle bei der Apoptose … dazu gehørt Zeichen zu erkennen wann eine Zelle beschaedigt ist … Letzteres ist das was (geringe) Strahlung macht;
– und ich merke gerade, dass ich anfange immer nur ueber die gleichen Sachen zu reden, nur von anderen Blickwinkeln gesehen.
Lange Rede kurzer Sinn: ich konnte es mir das also durchaus vorstellen, dass geringe Strahlung die Krebsraten (leicht!) vermindert. Sutou bringt dann im Artikel auch selbst das Argument der erhøhten Strahlung auf der juengeren Erde und dass es sinnvoll ist anzunehmen, dass die Evolution dafuer sorgte, dass uns das nicht uebermaeszig kaputt macht.
Dass ich die Idee dann selber hatte, half vermutlich unterbewusst, dass es mir leichter viel auch den Rest der Ergebnisse (nach genauem Anschauen und etwas drueber Nachdenken) zu akzeptieren und letztlich meine Meinung wesentlich zu aendern.
Und nun ist der Beitrag schon wieder so lang. Eine Sache fehlt aber noch und die handelt darueber, warum das zwar (vermutlich) alles richtig ist, ich damit aber abseits der wissenschafltich (im Uebrigen hochinteressanten) Diskussion dennoch ein Problem habe. Oder anders: Fortsetzung folgt.
Leave a Reply