… ist der erste Song auf dem unterschaetzten Album Mutations von Beck. Auch wenn dies eines meiner Lieblingsalben ist, welches ich waehrend des Schreibens mal wieder høre, so soll es hier nicht um Musik gehen. Vielmehr geht es um eine Sache ueber die ich in einem (sehr technischen) Essay mit dem Titel „Brain Efficiency: Much More than You Wanted to Know“ stolperte:
[t]he human brain’s output of 10W in 0.01m^2 [sic] results in a power density of 1000 W/m2, very similar to that of the solar flux on the surface of the earth, which would result in an equilibrium temperature of ≈ 375 K or 100 [degrees]C, sufficient to boil the blood, if it wasn’t actively cooled.
Das machte mich etwas stutzig, denn offensichtlich kocht mein Blut nicht. Im Artikel wird angefuehrt, dass die Kuehlung des menschlichen Kørpers super effizient ist, weil wir auf der gesamten Hautoberflaeche schwitzen kønnen (was ziemlich selten ist im Tierreich). Allerdings ist mein Kopf nun auch nicht die ganze Zeit in Schweisz gebadet.
Innerhalb des Gueltigkeitsbereichs des Artikels tut das (und was ich im Folgenden anbringen werde) nix zur Sache. Dies deswegen, weil der Artikel im Wesentlichen nur thermodynamische Abschaetzungen macht um zu sehen, was fuer generelle physikalische Eigenschaften eine kuenstliche Intelligenz haben muss, um es mit dem menschlichen Gehirn aufzunehmen. Da reicht es, wenn die Genauigkeit innerhalb von ein paar Grøszenordnungen liegt und 100 Grad Celsius liegt in dem Zusammenhang ungefaehr in der richtigen Grøszenordnung der Kørpertemperatur.
Zum Glueck habe ich ja mein Studienziel erreicht … und kann das was mich stutzig macht mal selber nachrechnen.
Zunaechst war da die Frage wieviel Energie das Gehirn „verbraucht“. „Verbraucht“ deswegen, weil im Wesentlichen alle Energie die reingeht in Waerme umgewandelt wird und somit nicht weiter „brauchbar“ ist. Der Konsenz scheint 20 Watt zu sein und ich konnte auf die Schnelle keine modernen Quellen dazu finden. Das hier sind zwar zwei neuere Artikel, aber die zitieren Beide die selbe Quelle (ein Buch) von 1960! Der zweite Artikel sagt zwischen 17 und 20 Watt.
Scientific American macht eine Ueberschlagsrechnung und kommt auf ca. 13 Watt wenn man ruht und dieser Artikel sagt 15 Watt, gibt aber keine Quelle an (die ich schnell kontrollieren kønnte).
Ich rechne erstmal mit 20 Watt weiter, denn wenn das seit 60 Jahren nicht korrigiert wurde, dann gehe ich davon aus, dass da was dran ist.
Als naechstes stellte sich die Frage wie grosz das Gehirn ist. Nun ja, eigentlich bin ich an der Oberflaeche interessiert, dazu konnte ich aber nix finden. Deswegen modelliere ich das Gehirn als eine Kugel und rechne rueckwaerts vom Volumen, denn das Volumen ist gut bekannt.
Dieser Artikel rekonstruiert das Gehirnvolumen der Hominiden (heutzutage nicht zu verwechseln mit den Hominoidea) ueber die letzten paar Millionen Jahre. Figur #1 ist das was mich interessiert und wenn ich den Logarithmus zurueckrechne, komme ich auf ein Volumen von ca. 1450 cm3 … was ungefaehr mit Wikipedias 1400 cm3 uebereinstimmt (deren Quelle aber nicht mehr verfuegbar ist *seufz*). Ich rechne mit dem Wikipediawert weiter, weil ich den ersten Wert nur so Pi mal Daumen von der logarithmischen Skala der Abbildung abgelesen habe … ich wollte aber eine ordentliche Quelle fuer den Wert haben.
Eine Abschweifung: dieser Artikel macht auf eine bemerkenswerte Reduktion der Gehirngrøsze in den letzten dreitausend Jahren aufmerksam:
[…] human brain size reduction […], occurring in the last 3,000 years. […] We suggest […] that the recent decrease in brain size may […] result from the externalization of knowledge and advantages of group-level decision-making due in part to the advent of social systems of distributed cognition and the storage and sharing of information. Humans live in social groups in which multiple brains contribute to the emergence of collective intelligence.
Das ist erstmal sinnvoll, aber mglw. wird da „das Pferd von hinten aufgezogen“. Dafuer muss ich aber noch ein bisschen mehr ausholen.
Vor ein paar Jahren las ich mal irgendwo (die Quelle muss ich leider schuldig bleiben), dass die letzten zwei Mutation die sich im menschlichen Genom durchgesetzt haben vor ca. 20-tausend und ca. 7-tausend Jahren stattfanden … Mist … die genauen Zahlen habe ich nicht mehr im Kopf, das lag aber ungefaehr in dem Zeitraum. Die vorletzte Mutation faellt erstaunlich gut mit der neolithischen Revolution zusammen; dem Uebergang zum Ackerbau. Die letzte Mutation faellt ungefaehr in die Zeit als erste Schriftsysteme in den archaeologischen Funden auftauchen. Auszerdem setzen die Autoren der obigen Studie den Anfang des Schrumpfens der Gehirngrøsze in diese Zeit (geologisch gesehen ist das alles gleichzeitig passiert).
Ich denke nun, dass es nicht zu weit hergeholt das Folgende zu vermuten. Gedanken in Schrifzeichen zu fassen erfordert, dass das Gehirn (ganz allgemein gesagt) abstrahieren kann. Dafuer benøtigt es aber mglw. modifizierte Strukturen im Gehirn, welche nur durch eine Mutation entstanden sein kønnen. Wenn ein Individuum besser abstrahieren kann, so gibt das sicherlich genuegend Vorteile im Leben, sodass die Mutation nicht gleich wieder ausstirbt und sich sogar durchsetzen kann ueber viele Generationen. Neue Strukturen im Gehirn kønnen dann aber auch Nebeneffekte haben, die andere Prozesse effizienter machen. Deswegen brauchen diese Prozesse weniger Platz, das Gehirn braucht damit weniger Energie und das ist wiederum gut fuer das Individuum und wir sehen schrumpfende Schaedel in den archaeologischen Funden der letzten 3000 Jahre. Ein Teil der Abstraktion ist die Auslagerung und Komprimierung von Wissen a.k.a. Bildung/Schule, was ja die Autoren sagen.
Eine solche Mutation kønnte eine veraenderte Faltung der Groszhirnrinde zur Folge gehabt haben. Eine (veraenderte) Faltung erlaubt kuerzere Wege (und damit Kommunikation) zwischen den Neuronen. Soweit ich weisz, erlaubt eine Faltung ueberhaupt erst komplexe Gehirnaktivitaet, weil man dafuer viele Neuronen braucht, diese bei glatten Gehirnen aber zu lange Kommunikationswege haetten. Bei einer gefalteten Oberflaeche kann man aber „schnell und einfach“ eine (kurze) Verbindung zur anderen Seite der Faltung aufbauen.
Das passt gut ins Bild des allgemeinen Wissens, dass bestimmte Bereiche der Groszhirnrinde fuer spezifische Aufgaben verantwortlich sind. Das sind dann die Teile, die in praktischer Kommunikationsdistanz liegen.
Und worauf ich hinaus will ist, dass eine subtile Veraenderung der Faltung durch eine Mutation mglw. ziemlich grosze Unterschiede im Abstraktionsvermøgen zur Folge haben kønnte. Das kønnen wir aber nicht mehr nachverfolgen weil Gehirne verrotten und nur der leere Aufbewahrungsort des Gehirns zurueck bleibt.
Das war eine etwas ausfuehrlichere Abschweifung und hatte nur bedingt mit dem eigentlich Thema zu tun.
Bei einem Volumen meiner vereinfachten Gehirnkugel von 1400 cm3 ergibt das einen Radius von ca. 7 cm … was gut mit dem Radius meines eigenen Kopfes uebereinstimmt. Daraus folgt eine Oberflaeche A von ca. 0.06 m2 und bei einer angenommenen Leistung P von 20 Watt fuehrt dies zu einer Leistungsdichte von ca. 300 Watt pro Quadratmeter. Nun kønnen wir das Stefan-Boltzmann Gesetz …
… benutzen um auszurechnen, welche Temperatur T ein schwarzer Kugelkørper haben muesste, der diese Leistung in Waerme umwandelt und diese dann abstrahlt (!).
Ich komme auf ca. 276 Kelvin … oder drei Grad Celsius … … … wait! … … … what? … … … Ich dachte ich bin viel zu warm und muss schwitzen um diese ganze Waerme besser als durch Waermestrahlung los zu werden!
Nun kønnte ich argumentieren, dass mein Gehirnkugel nicht schwarz ist, sondern aus grauen Zellen besteht … sorry, konnte nicht widerstehen. Dies wuerde zu einem (vereinfacht gesagt) konstanten Faktor kleiner als eins auf der rechten Seite der obigen Gleichung fuehren und bei gleicher Leistung eine høhere Temperatur zur Folge haben. Dies spielt ganz sicher eine Rolle, ich kann das hier aber nicht quantifizieren.
Deswegen gebe ich die folgende Argumentation: das Gehirn steht nicht frei in der Luft sondern ungefaehr ein Viertel der Oberflaeche ist durch das Gesicht versperrt. Das Gesicht (und was dahinter, aber vor dem Gehirn liegt) ist sicherlich ein guter Waermeisolator. Verringere ich nun die Oberflaeche um ein Viertel, komme ich bei gleicher Leistung auf eine Temperatur von ca. 296 Kelvin oder ca. 23 Grad Celsius. Das ist zwar noch immer nicht Kørpertemperatur, aber bei all den Vereinfachungen nahe genug dran.
Schon toll, was man alles rausfinden kann, wenn man einer Sache hinterherforscht, die einen stutzig macht … auszerdem macht das auch grosze Freude :)
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