Das Kernstueck, ja das Herz, des Triptychons, das alles zusammenhaelt und erst die Grøsze und Wichtigkeit aller drei erkennen laeszt ist Hannah Arendts, Elemente und Urspruenge totaler Herrschaft!
Soweit wie ich mich zurueck erinnern kann, dass ich (un)bewusst danach strebte, zu verstehen was es bedeutet ein Mensch zu sein, war mir bekannt, dass es dieses Buch Meisterwerk diesen Olymp des menschlichen Intellekts gibt.
Und all die Jahre fuehlte ich intuitiv, dass ich es auch mal lesen _muss_ (!), wenn ich in meinem Streben signifikant voran kommen will. Nur kam ich nie dazu es mal zu bestellen (ob in der Biblithek oder im Buchladen). Das lag natuerlich auch daran, dass ich andere „schwere Kost“ konsumierte und ganz allgemein das Leben dazwischen kam … und ich oft genug auch einfach mal nur in „leicht verdaulichen“ Welten entspannen wollte/will (vulgo: andere Buecher, Filme oder Videospiele).
Im Sommer waren wir dann aber im Sueden unterwegs und ohne dass es geplant war, kamen wir bei Fjærland vorbei, einem Buecherdorf. Ehemalige Staelle und Scheunen sind dort zu (teils riesigen) Antiquariaten umgebaut worden. Und da es ohnehin unser „Ruhetag“ war schauten wir uns das mal an.
Zu meiner Ueberraschung gab es im ersten Antiquariat das ich betrat einen Raum mit dtsch. Buechern. Nichts Spektakulaeres erwartend sah ich dort dann pløtzlich dies …
… und dachte dann: Nein! Das geht doch gar nicht! Hier? Einfach so? … Doch! Das ist tatsaechlich genau das Buch das ich schon seit so vielen Jahren lesen wollte! … Oh! Das ist ja unglaublich! Das kauf ich mir!
Man kønnte meinen, dass man gerade ueber solche Buecher nicht einfach so stolpert. Aber bei Archipel Gulag (und etlichen anderen Buechern) war’s ja auch so.
Noch am selben Tag begann ich zu lesen … und trotzdem die dort behandelten Themen sehr komplex sind, sowohl inhaltlich als auch sprachlich, war es fuer mich ganz schwer dieses Buch wieder aus der Hand zu legen!
Ueberhaupt scheint die Qualitaet des geschriebenen Wortes der Sprache ein Erkennungszeichen der wirklich wichtigen Werke der Menschheitsgeschichte zu sein (siehe auch hier). Wie schon beim Kapital musste ich viele Saetze und Abschnitte mehr als einmal lesen.
Die Informationsdichte des Textes ist extrem hoch. Das ist etwas, was ich sehr schaetze, auch wenn es bedeutet, dass ich nur langsam lesen kann. Hinzu kommt, dass viele (ich wuerde sagen, gar die allermeisten) der dort be- und angesprochenen Dinge, mir auf diese Art und unter dieser Betrachtungsweise noch nie praesentiert wurden. Zur bereits erwaehnten mentalen „Arbeit“ kam deswegen hinzu, dass mein Geist beim Lesen die ganze Zeit mit neuen Ideen konfrontiert war und versuchte diese in das bereits vorhandene Informationsnetzwerk (eigentlich so ziemlich alles, aber siehe insb. Triptychon I und II) zu integrieren.
Und genau dies fuehrte dazu, dass fuer mich das Lesen dieses Buches einer Offenbarung glich.
Ich kann gar nicht aufzaehlen, wie oft ich innehalten musste, weil mein Geist verbluefft war ueber die Klarheit, mit der diese ganz fantastische Frau (beinahe) im „vorbei gehen“ Fragen beantwortete, die mir seit mehreren Jahrzehnten auf dem Herzen lagen.
Aber der Platz zur Begruendung dieser Aussage ist nicht hier, sondern im letzten Beitrag in dieser Reihe.
Und dann sind da auch noch die langen, verwobenen Saetze. An so etwas habe ich ja immer eine grosze intellektuelle Freude (siehe auch Lem). Selbst wenn dies bedeutet, dass ich die mehrfach lesen muss, um die Information auseinander zu klamuesern
Alles in allem, wurde ich beim Lesen immer wieder „aufgehalten“. Und dennoch ist dieses Buch ein „pageturner“ … nur nicht im ueblichen Sinne, sondern eher, dass man total gespannt ist, was denn die naechste Seite an neuen Erkentnissen und geistiger Freude bringen wird.
In kurz analysiert Hannah Arendt in diesem …
[…] Standardwerke der Totalitarismusforschung
…, wie es zur grøszten Katastrophe der Menschheitsgeschichte kommen konnte — der industriellen Ausrottung von Menschen, in Ost und West (!), und dies trotz aller anderen sonst die Weltgeschichte bestimmenden Strøme (vulgo: Kapitalismus) die solcherartigen Geschehnisse im Allgemeinen (nicht im Besonderen!) entgegen stehen.
Aber mehr schreibe ich dazu nicht, denn der obige Link zu Wikipedia fasst das besser zusammen, auch wenn besagte Zusammenfassung mitnichten dem Buch gerecht wird und ganz sicher kein Ersatz fuer’s selber Lesen ist.
Zum Abschluss møchte ich darauf hinweisen, dass trotz meiner obigen Schwaermereien die Themen dieses Buches (beinahe buchstaeblich) grabesschwer sind. Dies liegt nicht zuletzt an der aktuellen Relevanz. Sind doch die selben Mechanismen immer noch (und mitnichten (!) schon wieder) am Wirken. Immer wieder sasz ich beim Lasen da und kam nicht umhin die Parallelen zu heutigen Akteuren im politischen Proszess zu sehen. Dennoch liesz mich das Buch an keiner Stelle verzweifeln. Denn gleichzeitig sieht man auch, inwieweit die Zivilgesellschaft heutzutage ANDERS ist, als damals. Das bedeutet nicht, das alles knorke ist, aber mglw., dass es nicht wieder zu einer solchen Katastrophe kommen muss.
Wir sind nicht dazu verdammt, die Geschichte zu wiederholen! Das Wissen um Selbige ist dabei ausschlaggebend. Und dieses Buch ist mglw. der beste Startpunkt um sich der wichtigsten Dinge bewusst zu werden — insbesondere der uns innewohnenden Menschlichkeit und wie gewisse Akteure versuchen diese auszuløschen um uns zu Komplizen zu machen.
Deswegen: LESEN!
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