Ich war mal ein ziemlicher Fan der Atomkraft.
Kenntnis meiner Geschichte macht das irgendwie nachvollziehbar.
Man stelle sich den jungen Menschen vor, der ich mal war. Irgendwie nicht so richtig in das soziale Habitat passend, in dem ich aufwuchs. Sowohl was meine angedachte „Peer Group(s)“ betraf, als auch (fast) der ganze Rest um mich drumherum — Dorf halt.
Das Internet gab’s zwar schon, aber es war weit weg. So landete ich bei Buechern und vor dem Fernseher.
In Retrospektive habe ich dann ein „Henne – Ei“ Problem. War es mein Interesse fuer „das Universum“ oder an Science Fiction, insb. natuerlich Star Trek – The Next Generation, welches dazu fuehrte, dass ich began mich in Richtung der „Naturwissenschaften“ zu orientieren?
Oder war „Wissenschaft“ vielleicht ein System, welches ich unterbewusst viel besser „verstand“ als die Menschen um mich herum?
Und welche Rolle spielte da der „neue“ Mathe- und Physiklehrer ab der 7. Klasse? Vor ihm hatte ich nie so richtig groszes Interesse an diesen Faechern. Ich erinnere mich mit Grausen an die Zeit, wo ich den Physikunterricht echt doof fand.
Jedenfalls habe ich im Nachhinein den Eindruck, dass mich dieses System ganz schnell „schluckte“. Oder vielmehr „verschlang“ ich alles diesbezueglich dessen ich habhaft werden konnte.
Ein feines Narrativ, nicht war.
Oder das stimmt zwar alles, aber hinzu kam mglw., dass der junge Mensch der ich war, einfach innerlich und aeuszerlich nicht so zurecht kam, wie es erwartet wird von (auch jungen) Mitgliedern der Gesellschaft. Und meine sich entwickelnde Psyche suchte nach einem passenden „Schutzschild“ gegen das von mir nicht Verstandene … das Unbekannte.
Ich weisz es nicht … klingt auch plausibel, aber mangels einer Zeitmaschine kann ich das schwer testen.
Wieauchimmer … Atomkraft … Fan … usw.
In der 8. Klasse erstellte ich ungefragt eine Wandtafel fuer den Physikraum zum Thema Kernkraft(werke). Das gab zumindest eine gute Zensur fuer Mitarbeit :) .
Und Atomenergie … das ist ein feines, einfach zu verstehendes System … A fuehrt zu B fuehrt zu C fuehrt zu Energie … VIEL Energie.
Und viel Energie braucht man, um das Universum zu erkunden (und hoffenlich dadurch besser zu verstehen) … also zumindest in der dtsch. Version braucht man Energie :P .
Nun war ich irgendwie aber doch auch ein Teil besagter Peer Group. Und in der gab es natuerlich eine Hierarchie, in welcher ich nicht besonders weit oben stand.
Lange Geschichte kurz: Ein Teil meines persønlichen Narrativs wurde der Spruch „Alle respektieren zwar den Haeuptling und gehen mit ihm auf die Jagd, aber ANGST haben sie vor dem Medizinmann, mit seinem Wissen ueber das Universum und lassen ihn deswegen in Ruhe“.
Damit waeren wir direkt bei dem was ueber lange Jahre meine Faszination fuer die Atomkraft aufrecht erhalten hat: die andere Seite der Medaille. Denn Angst, Abschreckung, MACHT … in Ruhe gelassen werden … Atombomben!
„Die letzten Kinder von Schewenborn“ mussten wir in der Schule lesen. Wir hatten vier Wochen Zeit dafuer. Am Tag an dem wir das bekamen war ich 16 Uhr zu Hause und liesz von der Lektuere nur zum Abendbrot. Selbstverstaendlich war ich fertig, bevor ich das Licht ausknipste um zu schlafen.
Bis heute heiszen alle meine Computer „trinity“ … so benannt wie der allererste Atomwaffentest … wobei es die letzten Jahre einfach nur so ist, weil es schon immer so war und meine Computer immer viel fuer mich bedeuten (auch emotional) und ich eine weibliche Persønlichkeit mit denen verbinde und fuer mich diese Kontinuitaet ein Ausdruck eines gemeinsamen Weges ist und ich mit dem Namen diese Persønlichkeit immer auf neue Hardware (und Betriebssysteme) uebertrage.
Ich hatte frueher Poster von Atompilzen in meinem Zimmer (und haette ich ein Arbeitszimmer wuerde ich die auch wieder aufhaengen) und das Ganze fasziniert mich bis heute.
Was will ich damit eigentlich ausdruecken?
Atomenergie ist fuer mich nicht „irgend so ein Physik Thema“ wie Halbleiter. Die ganze „Physiksache“ ueberhaupt ist einer der Dreh- und Angelpunkte“ meines Lebens, vieler meiner Entscheidungen und meiner Persønlichkeit. Und das fing im Wesentlichen alles mit „Atomkraft“ an.
Irgendwann vor bald 2 Jahrzehnten wurden mir aber die Unzulaenglichkeiten dieses (vormals so klaren) „Systems“ mehr und mehr bewusst. Und eine Aufløsung der kognitiven Dissonanz ging nur mit einer „ganzheitlichen“ Beschaeftigung mit dem Thema einher. Also auch der politischen, sozialen, gesellschaftlichen und psychischen Begebenheiten. Natuerlich haette ich das damals nicht so ausgedrueckt.
Und so wurde ich im Allgemeinen zu einem Befuerworter der Nicht-Etablierung von neuen und Abschaltung von vorhanden Atomkraftwerken. Die Abschaffung von Atomwaffen sehe ich als No-Brainer und nicht der Diskussion wuerdig.
Dort steht aber „im Allgemeinen“. Im Speziellen kann ich mir durchaus plausible Szenarien vorstellen in, denen Atomkraftwerke eine valide Løsung darstellen.
Ich versuche also das „Ideologische Element“ weg zu lassen.
Und da sind wir bei dem Warum der drei Artikel.
Vor ein paar Jahren gab es auf einem mittlerweile nicht mehr existierenden Studentenportal eine Diskussion um Atomenergie. Und die ueblichen Verdaechtigen warfen mit den ueblichen Argumenten um sich.
Dummerweise haben die Atomkraftbefueworter zwei „dicke Argumentationskeulen“.
1.: Kosten
2.: Keine Treibhausgasemission
Beide Argumente erfordern eine gewisse Beschaeftigung mit der zugrundeliegenden Technik. Etwas, das Atomkraftgegner all zu oft vergessen — zumindest habe ich den Eindruck, denn „ATOMMUELL! STRAHLENTOD!“ ist schlieszlich viel schneller verstanden … und es stimmt ja irgendwie auch.
Insb. das zweite Arguement ist ein „schwerer Brocken“ fuer Atomkraftgegner. Sind dies doch im Allgemeinen Leute, die viel uebrig haben fuer die Natur.
Und selbst wenn man sich damit beschaeftigt, muss man noch VIEL weiter gehen, und auch auszerhalb des eher leicht zu verstehenden „Technikgebiets“ schauen, um zu sehen, dass es nur SCHEINargumente sind.
Deswegen trat ich in diese Diskussion ein und zeigte, dass diese Argumente irrelevant sind, einfach weil das Uran „bald alle ist“.
Wenn ich mich richtig erinnere, „tøtete“ ich damit das Gezanke und es kehrte fuer kurze Zeit wieder Ruhe ein auf dem Studentenportal.
Ich haette das dort Geschriebene gerne zurueck, aber aus Gruenden geht das leider nicht :( .
Wieauchimmer, nun kønnen wir vorspulen bis 2017. Ich nahm an einenm Doktorandenseminar zum Thema „Nachhaltige Infrastruktur“ teil. Deswegen sind die Artikel auf englisch, denn ich hatte keine Lust, alles nochmal zu schreiben. Da mein Arbeitsthema damit nix zu tun hat, musste ich meinen Bericht ueber was Anderes schreiben. Und da kam ich auf genau diese Idee.
Urspruenglich wollte ich das so machen wie in der damaligen Diskussion. Aber in der Zwischenzeit hatte ich ja neue Fertigkeiten entwickelt, was die Informationsbeschaffung und -analyse betrifft. Und pløtzlich hatte ich einen VIEL besseren Anhaltspunkt gefunden: den Kapitalismus!
ALLE die ich kenne finden den Kapitalismus irgendwie toll. Will doch keiner so wirklich auf all die Annehmlichkeiten verzichten, die dieser mit sich bringt. Selbst ich nicht, denn er gab mir meine Playstation.
Und ich habe den Eindruck, dass Atomkraftbefuerworter politisch eher Konservative sind. Konservative im Sinne von, dass „die unsichtbare Hand des Marktes“ sowieso und ueberhaupt immer Recht hat.
Tja … und darueber gingen ja die drei Artikel.
Ich konnte es zwar nicht hundertprozentig beweisen, aber ich denke, dass ich relativ plausibel zeigen konnte, dass der Kapitalismus und Atomkraftwerke sich nicht vertragen.
Und wegen der meist zugrundliegenden sozialdynamischen, politischen und psychischen Gegebenheiten in derartigen Diskussionen, ist DAS ein viel besseres Argument gegen Atomkraftwerke, als alles was ich in all den Jahren gehørt habe.
Nebenbei fiel dann auch (wieder) das Resultat heraus, dass Atomkraft in der Gesamtheit betrachtet dann ueberhaupt nicht so umweltfreundlich ist, wie immer gesagt wird.
Und weil das sonst keiner liest, ich aber ziemlich viel Zeit in dieses Projekt gesteckt habe, verøffentlichte ich alles auch hier, auf meinem Weblog.
Sollte Interesse bestehen, kann ich eine schøne Version dieser drei Artikel gesammelt in einer PDF-Datei zur Verfuegung stellen. Das kann man dann ausdrucken und den Eltern zum Lesen geben.
Edit: Verschreiber berichtigt der den Sinn eines Satzes vøllig umdrehte. Nun ist’s richtig.