Die Milgram Experimente sind wohl hinreichend bekannt, sodass ich die hier nicht weiter vorstellen werde.
Diese werden ja gerne als Beweis fuer „das inherent Bøse“ im Menschen hingestellt. Insb. so kurz nach dem 2. Weltkrieg war dieser Aspekt natuerlich eine brennende Frage. Als die Menschheit nicht so recht verstand, wie die Menschen in einer der reichsten und fortgeschrittensten Nation, mit im Durchschnitt relativ hohem Bildungsniveau, innerhalb so kurzer zeit derart kollektiv irre werden konnten.
Hinzu kommt bis heute die Furcht, ob einem Selbst das auch passieren kønnte. Im Uebrigen eine Frage, die mich relativ viel beschaeftigt.
Recht fatalistisch werden diese Experimente dann herangezogen um diese Furcht zu bestaetigen.
Nun stolperte ich vor Kurzem aber ueber einen Artikel mit dem Titel „The Empirics of Free Speech and Realistic Idealism: Part II„. Ich empfehle NICHT diesen Artikel zu lesen. Der ist sehr lang und all zu trocken geschrieben.
Aber dort wird wiederum auf „Contesting the ‘‘Nature’’ Of Conformity: What Milgram and Zimbardo’s Studies Really Show“ von S. Alexander Haslam und Stephen D. Reicher im PLoS Biology, November 2012 Nov, vol. 10, No. 11, p. e1001426–e1001426 verwiesen.
Haslam und Reicher schreiben, dass …
[…] close analysis of the experimental sessions shows that participants […] tend to go along with the Experimenter if he justifies their actions […].
Beziehungsweise:
[i]t was only when they had internalized roles and rules as aspects of a system with which they identified that participants used them as a guide to action.
In „The Empirics of Free Speech and Realistic Idealism: Part II“ steht dann passend dazu:
This [is] not simply a blind acceptance, brainwashing, one-way control that authority has. It requires you to accept authority in the first place.
Und (unter anderem) DESWEGEN bin ich Anarchist! Ich versuche ganz fundamental „Authoritaet(en)“ eben gerade NICHT intrinsisch anzuerkennen, sondern erst, wenn ich weisz, dass diese Authoritaet durch vergangene (und zu erwartende zukuenftige) Handlungen berechtigt ist. Ein Prozess, der mir bis heute leider oft genug noch schwer faellt und staendige Wachsamkeit erfordert. Insb. was meine eigene „Authoritaet“ anbelangt.
Aber genau deswegen ist das meiner Meinung nach ein eigentlich gutes Ergebnis. Denn ich stimme den Schlussfolgerungen Haslam’s und Reicher’s zu:
At root, the fundamental point is that tyranny does not flourish because perpetrators are helpless and ignorant of their actions. It flourishes because they actively identify with those who promote vicious acts as virtuous […].
Denn waehrend wir gegen das „angeborene Bøse“ am Ende nichts ausrichten kønnten, ist DIES hingegen etwas, dem wir aktiv entgegenwirken kønnen!
Und irgendwie passt so etwas Aufmunterndes (wenn auch in einem sehr ernsten Zusammenhang) doch zu dieser Zeit des Jahres :) .
Das heiszt aber nicht, dass’s einfach ist.
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