Neulich las ich einen eher langweiligen Artikel mit dem Titel „Science faculty’s subtle gender biases favor male students“ (wer den haben will usw. …).
Zunaechst mal denkt man sich natuerlich: .oO(Ach die olle Leier schon wieder! Kennen wir doch schon! Ein alter Hut, dass Frauen als weniger kompetent angesehen werden.) . Und allein diese spontanen Gedanken rechtfertigen, dass ich nach all den Artikeln immer noch auf dem Thema rumhacke.
Dann denkt man mglw. weiter: .oO(Natuerlich wollen Maenner lieber mit anderen Maennern zusammenarbeiten).
Wenn diesem Gedanken dann .oO(Das war schlieszlich schon immer so!) folgt, … aehm … siehe oben.
Aber wenn darauf bspw. .oO(Aha, soso. Noch eine weiter andauernde Maennerschweinerei) folgt, dann møchte ich darauf mit dem Rest dieses Beitrages antworten.
Meiner Meinung nach suggeriert der Titel dies durchaus: die schlimmen Maenner. Und ueber weite Strecken hatte ich beim Lesen auch den Eindruck, dass die Autorinnen und Autoren dies auch so ausdruecken wollten. Bei genauerem drueber Nachdenken, entdeckte ich dann aber die von mir, durch meine Sozialisation bedingte, selbstgestellte Falle. Habe ich doch das gender- und geschlechtsneutrale „faculty members“ irgendwie immer auf Professoren (maennliche Form) bezogen.
In dem verlinkten Artikel wurden an Professorinnen und Professoren (beinahe) identische Bewerbungen auf eine Stelle geschickt. Der einzige Unterschied bestand darin, dass der Name auf der einen Haelfte der Bewerbungen ein weiblicher und auf der anderen Haelfte ein maennlicher war.
Dann wurde untersucht, inwieweit die Professoren und Professorinnen die Kompetenz und Anstellbarkeit der (fiktiven, aber als real angenommenen) Kandidatin oder dem Kandidaten bewerteten. Auszerdem wurde analysiert, wie viel (Karriere)Betreuung besagte Professorinnen und Professoren dem Kandidaten oder der Kandidatin zukommen lassen wuerden und wie hoch das angebotene Einstiegsgehalt war.
Hier nun die Ergebnisse bezueglich der Kompetenz und Anstellbarkeit:
Ich hatte Lust aus den im Artikel gegebenen Daten (Mittelwert und Standardabweichung) Gausskurven zu malen. Keine Diskussion an dieser Stelle, wie ueberhaupt nicht sinnvoll das ist, denn die Information kommt so ganz wunderbar rueber.
Hier (und im naechsten Bild) sehen wir, dass …
[…] female faculty members were just as likely as their male colleagues to favor the male student.
Schlimmer! Frauen bewerten den Kandidaten sogar noch besser als Maenner (bezogen auf die Bewertung der Kandidatin).
Fuer Professoren ist also der (wahrgenommene) Unterschied in der Kompetenz von Frauen und Maennern kleiner, als fuer Professorinnen.
In der Kompetenz gibt es aber nur einen Unterschied in der Bewertung des Mannes. Professoren und Professorinnen bewerten die Kompetenz der Kandidatin gleich gut.
Umso erstaunlicher ist dann, dass die Anstellbarkeit der Kandidatin von Frauen als weniger geeignet angesehen wird!
Das muss man sich mal durch den Kopf gehen lassen. Dies bedeutet naemlich, dass Frauen, den Mann bevorzugen wuerden, selbst wenn sie die Kompetenz einer Kandidatin und eines Kandidaten als gleich wahrnehmen.
Das finde ich ganz erstaunlich.
Nun schauen wir mal, wieviel (Karriere)Betreung die Professoren und Professorinnen dem Kandidaten bzw. der Kandidatin zukommen lassen wuerden.
Die Kandidaten wuerden gleich gut betreut werden, egal, ob nun von einem Mann oder einer Frau. Die Kandidatinnen hingegen wuerden von einem Professor BESSER betreut werden, als von einer Professorin!
Krass!
Und nun noch zum angebotenen Einstiegsgehalt.
Frauen wuerden weniger Geld bekommen als Maenner. Dies ist objektiv ungerecht, aber subjektiv mglw. auf den Unterschied in der Bewertung der Kompetenz zurueckzufuehren.
Frauen wuerden generell weniger bezahlen als Maenner. Sowohl der Kandidatin, als auch dem Kandidaten. Das Gehalt von einem Mann, gezahlt von einer Frau, wuerde noch unter dem liegen, was ein Mann einer Frau zahlen wuerde.
Aber waehrend der Unterschied in der Bezahlung die man von einem Professor bekommt „nur“ ca. 1200 Dollar betraegt, wuerde eine Professorin der Kandidatin 2100 Dollar weniger bezahlen.
DAS! IST! SO! KRASS!
Wieauchimmer, dies alles liegt nicht an den „groszen Uebeln“ bzgl. der Ungleichheit der Frauen, unter denen der Rest der Bevølkerung leidet. Denn die Aussage …
[…] science faculty members may not exhibit this bias because they have been rigorously trained to be objective.
… kann als durchaus plausibel angenommen werden (auf verschiedenen Ebenen). Insb. da wir hier ueber Professorinnen und Professoren reden.
Andererseits ist es so, dass …
[…] research demonstrates that people who value their objectivity and fairness are paradoxically particularly likely to fall prey to biases, in part because they are not on guard against subtle bias […].
Vorhergehende Studien …
[…] indicate that people’s behavior is shaped by implicit or unintended biases, stemming from repeated exposure to pervasive cultural stereotypes […] that portray women as less competent […]. […] these subtle gender biases are often still held by even the most egalitarian individuals […], and are exhibited by both men and women […].
Und genau dies ist, was der Artikel zwar des Øfteren wiederholt, ohne dabei aber auf die Implikationen einzugehen.
Wir, also wir als Gesellschaft, praegen jahrtausende alte Verhaltensmuster sehr erfolgreich auf alle Mitglieder eben dieser Gesellschaft auf.
So einige dieser alten Verhaltensmuster sind verantwortlich fuer viel Leid und funktionieren absolut nicht mehr in unserer Zeit.
Aber selbst wenn man zu einer benachteiligten Gruppe gehørt, scheint dies leider nicht zu helfen, diese Verhaltensmuster zu erkennen :( .
Oder wie Scott Alexander in „Social Justice For The Highly-Demanding-Of-Rigor“ schreibt:
Minorities seem just as willing to screw other minorities over and discriminate in favor of white men as the white men themselves are. […] ideas of certain races and genders being superior seem to percolate into people’s consciousnesses […]
Und das ist genau das, worueber ich hier schon seit einer ganzen Weile schreibe.
Deswegen: