Neulich so:

Kinder_zu_Wissenschaftlern_1Ich dann so:

Facepalm

Quelle (Bildgrøsze angepasst), Lizenz, Fotograf: Alex Proimos

Eine solche Reaktion erfolgt ja nur, wenn ohne groszes Nachdenken grobe Fehler im Geschriebenen erkannt werden.

Das Folgende ist nicht als persønliche Kritik gemeint, auch wenn ich es an LeSpockys-Aussage (und teilweise seiner Person) fest mache. Aber zeigt diese ganze Sache doch typische Trugschluesse, wie ich sie auch in meiner Science-Reihe haette ansprechen kønnen.
Leider gilt: wer sich bewegt macht sich angreifbar. Bitte nicht persønlich nehmen LeSpocky. Die anderen trauen sich ja nicht mal was zu sagen.

Zunaechst einmal møchte ich an diesem Beispiel klar stellen, dass die Forderung (?) Kinder zu Wissenschaftlern zu erziehen nicht sinnvoll ist.

Besagter LeSpocky IST als Wissenschaftler ausgebildet. Dies bestaetigt sein Diplom und ist es doch das, was an dtsch. Hochschulen geschieht. (Keine Diskussion an dieser Stelle, was der Bologna-Prozess daraus macht und inwiefern kapitalistische Interessen dem entgegenstehen.)
Aber er begeht fundamentale Fehler, die mit dieser Ausbildung nicht im Einklang stehen (und somit steht auch seine Forderung auf wackligen Fueszen).

Es beginnt bereits mit:

[…] laut fefe […]

LeSpocky bezieht sich wohl auf diesen Beitrag. Aber fefe ist nur der Vermittler der Information. Es heiszt ja auch nicht „Laut Nature gilt …“, sondern vielmehr „Laut <Name> [Originalquelle, mglw. in Nature] …“. Das ist Wichtig! Werden hier doch fefe Lorbeeren zugesprochen, die dieser nicht verdient hat (und sicherlich auch nicht fuer sich beansprucht).

Das Geschriebene ist nicht immer so exakt ausfuehrbar. Meist weil Originalquellen nicht verfuegbar sind. Sei es durch Paywalls oder Anonymitaet der Quellen im Journalismus. Aber dann kann man das anders formulieren.

Warum hacke ich darauf rum? Nun ja, weil Wissenschaftler eigentlich die Originalquellen nicht nur zitieren, sondern auch lesen und verstehen sollten. In Artikeln kønnen falsche Aussagen getroffen werden. Wenn man selber liest, hat man wenigstens eine kleine Chance dies zu entdecken.

Das ist uebrigens einer der Gruende, warum ich hier øfter Themen anschreibe, die bereits vor langer Zeit im Netz „bearbeitet“ wurden. Ich versuche mir immer die Originalquellen zu beschaffen und auch zu lesen. Das dauert halt.

Meine angesprochene Science-Reihe ist ein schønes Beispiel, inwieweit erst das Lesen der Originalquelle die Trugschluesse aufdeckte. Im Nachhinein erwies sich eben dies als sehr sehr fruchtbar fuer mich persønlich.

Besser waere uebrigens gewesen auf diesen Artikel zu verweisen (was ja fefe auch tut). Die Originalquellen der Aussagen dort herauszufinden kønnte sich als schwieriger herausstellen.

Weiter geht es gleich im Anschluss mit:

[…] nur Kinder und Wissenschaftler […]

OMFG! DAS schreibt ja nicht mal fefe! Eigentlich steht da:

[…] convergence of opinions usually happens for small children; for adults it happens sometimes […] new experimental evidence does cause scientists to come into closer agreement with each other about the explanation of a phenomenon.

1.: „SMALL children“ vs. „Kinder“ … Nicht mittelgrosze Kinder und auch keine halben Jugendlichen. Ich habe mich zum Zeitpunkt des Schreibens durch einige wissenschaftliche Psychologieartikel bzgl. des Phaenomens des Luegens gelesen (Artikel folgt spaeter). Mindestens eines davon handelte auch ueber die Entwicklung der Faehigkeit des Luegens bei Kindern. Und es gibt einen gewaltigen Unterschied zwischen 5-jaehrigen und 11-jaehrigen Kindern. Deswegen ist das wichtig. Und Wissenschaftler sollten um die Wichtigkeit von Details wissen.

2.: „ADULTS“ vs. „nur […] Wissenschaftler“ … das ist selbsterklaerend. Werden die Wissenschaftler doch nur als Beispiel herangezogen. Anscheinend haben aber alle Erwachsenen die Eigenschaft „fuer Argumente zugaenglich“ zu sein.

Tja, da kønnte ich ja dann meinen Artikel abschlieszen. Werden doch alle Kinder zu Erwachsenen erzogen … leider.

Dann folgt:

[…] fuer Argumente zugaenglich [sein] […]

1.: Schmieren wir doch mal schøn dem Gegenueber ins Gesicht, dass unsere eigene Meinung die Richtige ist! Denn „fuer Argumente zugaenglich“ sein, kann ja nur richtig sein, wenn die Argumente richtig sind. Das kønnen dann ja nur die Eigenen sein. Oder ist hier einer meiner Leser den Argumenten der Nazis zugaenglich?

2.: Darum geht’s ueberhaupt nicht … oder anders ausgedrueckt: Wo steht denn bitte DAS?
„Convergence of opinions“ hat wenig mit „fuer Argumente zugaenglich zu sein“ zu tun.
Siehe die Gesetzgebung. Ich habe da nicht den geringsten Eindruck, dass die (meisten) Mitglieder der verschiedenen Fraktionen der Legislative, Argumenten zugaenglich waeren. Dennoch konvergieren am Ende die Meinungen in Gesetze, denen alle Beteiligten zustimmen.
Ein anderes Beispiel: wer mal „Mein Kampf“ gelesen hat (Achtung: dies ist absolut KEINE Leseempfehlung! Das ist naemlich totale Zeitverschwendung! Ist naemlich durchgehend totaler Quatsch der dort steht … Marxens „Das Kapital“ hingegen … mhmmmmmm … das ist eine wahre Freude zu lesen. So viel geballter Weisheit begegnet man selten … aber oh … ich schweife ab.) … jedenfalls, wer das Quatschbuch mal gelesen hat, wird nicht umhin kommen, einigen der dort niedergeschriebenen Beobachtungen zuzustimmen. Damit ruecken dann die eigene Meinung und die Meinung der Nazis weiter zusammen. Aber die Beobachtungen denen man zustimmt, werden (wenn ueberhaupt) høchstens als Scheinargumente in der Konstruktion des Naziweltbildes benutzt.
Somit hat man also ohne Argumente eine „convergene of opinions“. Und wenn ich das richtig verstanden habe, handelt der Originalartikel auch nicht darueber, dass zwei Personen Argumenten ausgesetzt werden, sondern nur Informationen. Mithilfe des Bayesschen Wahrscheinlichkeitsbegriffs kann man dann konstruieren, dass die Meinungen dieser zwei Personen konvergieren.

Als naechstes steht dort:

„[…] waere es nicht logisch […]“

1.: JA! (Um die damit eingeleitete Frage zu beantworten.)

2.: Warum die Verneinung? Was will der Autor damit verschleiern? Als Wissenschaftler sollte man seine Argumente so wenig obskur wie møglich vorbringen.

3.: Dieser Ausdruck ist perfide leitend um die Richtigkeit der eigenen Meinung (siehe oben) zu unterstreichen. Das springt mir ins Gesicht, weil ich dieses Werkzeug sehr sehr oft in diesem, meinem Weblog benutze.
Das ist durchaus legitim denke ich, im Versuch den Gespraechspartner zu ueberzeugen.  .oO(Ich muss ja schlieszlich meine eigenen, dreckigen Methoden rechtfertigen kønnen.) Es ist aber nicht wissenschaftlich. Wissenschaftler haben sowas nicht nøtig. Somit ist es auch nicht einer wirklich offenen und ehrlichen Argumentation angebracht.

4.: Dieser (Teil)Satz fuehlt sich an wie eine Deduktion, ist aber eine Abduktion. Wenn auch in der Theorie der erste Schritt in der wissenschaftlichen Erkenntnissgewinnung, so muessen doch alle weiteren Schritte gegangen werden, um der wissenschaftlichen Methode genuege zu tun.
Ist dem nicht so (wie hier), dann ist’s nur ein „Jumping to Conclusions“ – unwissenschaftlich also.

Als Letztes dann:

[…] Kinder zu Wissenschaftlern zu erziehen?

Da dies im Zusammenspiel mit dem Vorhergehenden steht, gilt das dort Geschriebene, wenn anwendbar, auch hier.

Aber eigentlich handelte der ganze Artikel ja darum zu zeigen, dass es nicht sinnvoll ist, eben dies zu tun.

Das hørt sich an wie ein tolles Ziel, ist praktisch aber nicht durchfuehrbar.
Meine Argumentation beruhte nicht auf naturgegebenen Unterschieden in der Intelligenz der Menschen. Vielmehr argumentierte ich, dass es ja bei bereits heute nicht weit her ist mit der Anwendung wissenschaftlicher Methoden im Alltag, selbst bei Menschen die zum Wissenschaftler ausgebildet wurden. Und „im Alltag“ ist so wichtig, denn „Stammtisch“ ist Alltag!
Hinzu kommt, dass das alte dtsch. Universitaetssystem weltweit am Besten darin war, aus Normalbuergern Wissenschaftler zu machen. LeSpocky erhielt seine Ausbildung in diesem System. Dieses System gibt es aber nicht mehr.

Andererseits ist all dies ein guter Einstiegspunkt fuer eine (noch mehr provozierendere und die gegebenen Umstaende umhauen wollende) Frage:

Bei Erhalt von Informationen konvergiert die Meinung kleiner Kinder [siehe hier]. Warum versuchen wir dann so angestrengt,  ihnen das „Kind sein“ auszutreiben?

Mist, mehr als 140 Zeichen.

… … … mehrere Versuche spaeter:

Die Meinung kleiner Kinder kann konvergieren [siehe hier]. Warum versuchen wir dann so angestrengt, ihnen das „Kind sein“ auszutreiben?

Nicht so „sexy“ wie das von mir analysierte Beispiel. Nicht nur der Sprache, sondern auch der in der Frage implizierten Forderung wegen. Die Diskussion diesbezueglich waere allerdings nochmal mehrere Artikel wert. Artikel die niemals geschrieben werden, weil ich Erziehungstips schrecklich finde (es sei denn, ich werde gefragt).

Hieran sieht man uebrigens auch mal wieder schøn, warum ich twitter nicht ernst nehme fuer ordentliche (wissenschaftliche) Diskussionen. Das ist sicherlich ein wunderbares Propagandawerkzeug (und Spielzeug), aber Propaganda ist ja das genaue Gegenteil von dem Geforderten … find ich witzig … .oO(ob twitter oder deren Nutzer sich dem bewusst sind?)
Echte Argumente und Argumentationen sind IMMER (!) laenger als 140 Zeichen.

Hiermit endet es uebrigens nicht. Beim naechsten Mal gehe ich noch kurz auf die Kommentare die unter diesem Nicht-mehr-als-140-Zeichen-Gedankenfetzen standen.

One Comment

  1. LeSpocky says:

    Echte Argumente und Argumentationen sind IMMER (!) laenger als 140 Zeichen.

    Völlig richtig. Anderes aktuelles Beispiel: auch bei Twitter. Daraus ergaben sich mehrere aufschlussreiche Diskussionen, die dann aber alle nicht mehr bei Twitter geführt wurden.

    Nicht-mehr-als-140-Zeichen-Gedankenfetzen

    Auch richtig. Wenn man sich dessen bewusst ist, dass dort Gedankenfetzen rumfliegen und keine durchdachten Argumentationen, dann kann man damit auch sinnvolle Dinge anstellen, bspw. lange Blogbeiträge dazu schreiben. ;-)

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