Normalerweise versuche ich mich zurueck zu halten. Mit der Keule zu schwingen bringt ja sowieso alles nichts.
Neulich aber hørte ich, und dies leider nicht zum ersten Mal, das Folgende (verallgemeinert) und das laeszt mich innerlich immer etwas in einen Zustand der Verzweiflung fallen:
Ich habe nicht die Zeit/Musze/Energie/Interesse/Intelligenz/Eier in der Hose etc. mich mit dem Konflikt in der Ukraine/in Palaestina/der Eurokrise/Fragen zur Gleichberechtigung/dem Ueberwachungsstaat/Bildung in øffentlichen Schulen etc. zu beschaeftigen.
Was soll ich eigentlich gegen sowas sagen?
Das was ich immer sage: betrifft mich nicht direkt, deswegen interessierts mich ’n Scheiszdreck was die Gruende dafuer sind, warum andere Leute leiden oder verrecken.
Oder wie waere es hiermit: Tralala, mir gehts so gut, und auszerdem kauf ich ja schon Bioobst.
Oder hiermit: Geh weg!
Also sag ich lieber nix …
Nun befuerchte ich aber, dass Krieg kommen wird in Europa.
<Pause zum mal drueber Nachdenken ueber diesen letzten Satz.>
Timothy Snyder schreibt in seinem Artikel „Ukraine: The Haze of Propaganda“ etwas, was mich dann dazu brachte, doch mit der „Moral- und Anschuldigungskeule“ zu kommen (weil ich mir nicht anders zu helfen weisz):
Insofar as we wish for peace and democracy, we are going to have to begin by getting the story right.
WIE ZUM VERFLUCHTEN TEUFEL NOCHMAL SOLLEN WIR ABER DIESE DRECKSVERFLUCHTE „STORY“ RICHTIG HINBEKOMMEN, WENN ES UNS EINEN SCHEISZDRECK INTERESSIERT UND UNS DIE 10 MINUTEN AUF DEM KLO VERSCHWENDET VORKOMMEN WENN MAL EIN ARTIKEL HIER UND EIN ARTIKEL DA ZU GEWISSEN THEMEN GELESEN WERDEN WUERDE!
So wichtig ich das auch (ehrlich) mit Freifunk, guten Unterrichtsunterlagen, „good feel“-Stimmung, Sport, die naechste Trophy im Spiel, das Feierabendbier, die naechste Comicverfilmung etc. pp. auch finde … irgendwie komme ich von dem eben geaeuszerten Gedanken trotzdem nicht los.
Die Themenvielfalt ist beliebig grosz, bleiben wir aber bei meiner zur Zeit grøszten, ganz realen Sorge, der weiteren Eskalation der Krise in der Ukraine.
Wir konsumieren ja alle meist nur unsere Lieblingsquellen. Das ist ja schon mehr als genug zu lesen und auch hiervon nehme ich mich nicht aus. Und gerade in meinem sozialen Umfeld, gibt es gewisse, schøne „Feindbilder“. Die ueblichen Verdaechtigen halt: die Bundesregierung, die EU, die Geheimdienste, die Pruegelpolizisten, die Kapitalisten usw. usf. Und die sind ja auch berechtigterweise die „ueblichen Feindbilder“.
Dies fuehrte aber leider dazu, dass das folgende Zitat auf mich gut passt(e):
Plenty of people in the West now spread Russian propaganda, sometimes for money, sometimes from ignorance […]
So geschrieben im Artikel „Crimea: Putin vs. Reality„.
(NB: Meine Leserinnen und Leser møgen sich mal das Erscheinungsdatum der Artikel zu gemuete fuehren … ich haenge so verdammt weit mit dem Lesen hinterher.)
Und auch dies passt auf mich:
If people […] have their discussions framed for them […],then they will not notice the history unfolding around them (a revolution just happened in Europe!) or sense the urgency of formulating policy in a desperate situation (a European country has just invaded another!).
Stimmt, SO kann man die Ereignisse auch sehen.
Aber Haeh? Revolution? Waren das nicht Nazis, die die Macht uebernommen haben in der Ukraine? Siehe dazu der erste Artikel in dieser dreiteiligen Serie: „Fascism, Russia, and Ukraine„.
Leider hat Propaganda noch eine andere, wichtigere Funktion, als nur die Vorurteile von uns reichen Saecken im Westen zu bestaetigen:
[…] a crucial part of […] [propaganda is] to create a different reality.
Schwer zu verstehen, nicht wahr? Gegenmittel: die verlinkten Artikel lesen um das einordnen zu kønnen, denn:
When we refute propaganda with facts and arguments, […] we are inhabiting a certain mental world; we accept the constraints of observation and reason at the outset and seek to change our situation on the basis of what we think we can see and understand.
Dafuer muessen wir uns aber selbst informieren. Also das was fefe sagt. Nur wer liest sich schon alle Links durch, die er so postet oder geht dann gar noch weiter? Ich jedenfalls eher selten. Wobei die hier verlinkten Artikel auch nicht von ihm sind, denn die wuerden ja nicht in sein „Konzept“ passen.
Oder in Kurz: Mglw. ist es ja doch besser, dass die EU (und mglw. auch Dtschl.) sich so verhaelt, wie sie es tut. Natuerlich ist nicht alles super, aber die Alternativen mit einem sich ausweitenden Club der Diktaturen, waeren langristig mglw. deutlich schlimmer. … … … HAEH? was’n das schon wieder? … … … *hust* Links *hust* lesen.
Propaganda hier, Propaganda da. Die eine schmeckt besser als die andere. Aber was _wissen_ wir eigtl. schon wirklich ueber die Anfaenge und Gruende dieses Konflikts?
Zurueck zum eigentlichen Aufhaenger:.
Muessen wir allumfassend informiert sein?
NEIN! Geht ja gar nicht! Da geht man ja kaputt! Ich zumindest muss auch mal auf zeitfressende Trophaeenjagd mit meiner Playstation gehen. Oder klettern, oder ein Dokument „sinnlos“ schøn machen (sieht doch eh keiner!), weil ich Freude daran habe mit LaTeX zu arbeiten. Oder ein Sandtrooperkostuem bauen etc. pp. Andere Leute haben andere Leidenschaften.
Sollten wir versuchen uns, mit den gegebenen Møglichkeiten (Lesefaehigkeit + Internet + begrenzte Zeit), so weit wie møglich ueber wichtige Sachen zu informieren?
Selbstverstaendlich! Denn ansonsten ist es bald vorbei mit der Demokratie.
Muss man jeden Artikel zu einem Thema lesen, dem man habhaft werden kann?
Ich denke nicht, dass man das machen sollte. Weltgeschichte passiert auf taeglicher Basis gesehen dann doch recht langsam. Da liest man immerzu nur das Gleiche nach einer Weile.
Aber ein Artikel ueber Thema X auf dem Klo und ein Artikel ueber Thema 54 die letzten 10 Minuten vor dem zu Bett gehen, das schadet sicher nix.
Und was ist ueberhaupt wichtig?
Tja, da bin ich ueberfragt.
So … genug geschimpft … ich versuche es in Zukunft nicht so direkt mit dem ganzen Zaun winkend zu wiederholen.
Sollte Interesse daran geaeuszert werden, koennte ich hier die neue Kategorie „Mal ’n Artikel hier und mal ’n Artikel da“ einfuehren. Oder an den Anfang jedes meiner Artikel einen Link zu einem (meist vøllig) anderem Thema stellen. Dies dann ohne weitergehende Kommentare und natuerlich erst nachdem ich besagte Texte selber gelesen habe.
Bisher habe ich das vermieden und nur ca. jeden 10. oder gar nur jeden 20. von mir gelesenen Text etwas ausfuehrlicher vorgestellt. Damit ich meinen eigenen Senf dazu geben kann. In der Hoffnung, dass die Chance dann etwas grøszer ist, dass das Verlinkte auch wer liest. Aber das ist ja mglw. schon Zensur, damit mein eigenens Weltbild immer schøn passt.
Auszerdem gebe ich ja auch nur weiter, was ich woanders aufschnappe.
Ach verdammt … Metafragen … Ich werde an dieser Stelle lieber stoppen und diesen Beitrag als fuer beendet ansehen.
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