Meine lieben Leser.
Unter anderem aufgrund eigener Erfahrungen, møchte ich euch einen Essay von Adorno naeher bringen. Dieser behandelt das Thema Kritik und an anderer Stelle verwies ich bereits auf diesen.
Der Natur des Artikels (und der gegebenen Kuerzungen und der eigenen Kommentare wegen), werden verschiedene Themen bunt durcheinandergewirbelt werden. Der Originalartikel handhabt das deutlich besser. Aber da kønnte ich mich ja damit rausreden, dass mir die Rhetorik eines Adornos nicht gegeben ist :P .
Soweit nicht anders gekennzeichnet, sind alle Hervorhebungen von mir.
Los geht’s:
Kritik ist aller Demokratie wesentlich. […] Demokratie […] wird durch Kritik geradezu definiert.
Warum ist dem so? Deswegen:
[…] Voraussetzung von Demokratie [ist] Mündigkeit [….]
Und an dieser Stelle nochmals das bereits vorher erschienene Zitat:
Mündig ist der, der für sich selbst spricht, weil er für sich selbst gedacht hat und nicht bloß nachredet; der nicht bevormundet wird.
Das bedeutet
[…] Kraft zum Widerstand […] gegen alles bloß Gesetzte, das mit seinem Dasein sich rechtfertigt.
Diesen Satz møge jetzt jeder bitte nochmal lesen und sich auf der Zunge zergehen lassen.
Dies wird nochmals etwas weiter ausgefuehrt:
Solcher Widerstand, als Vermögen der Unterscheidung des Erkannten und des bloß konventionell oder unter Autoritätszwang Hingenommenen, ist eins mit Kritik, deren Begriff ja vom griechischen krino, Unterscheiden, herrührt.
Kritik als Werkzeug des Erkenntnisgewinns!
Oder wie ich es so oft sage: ich stelle in Frage um zu verstehen (!), was mein Geschpraechspartner eigtl. meint.
Dies wird leider all zu oft als persønlicher Angriff angesehen und …
Verzicht auf Kritik wird in höhere Weisheit umgebogen […].
Dazu dann gleich darauf passend:
Man muß nicht Soziologe sein, um aus dem Spott gegen den Raisonneur und Weltverbesserer die salbungsvolle Predigt (Anm.: Religion! Das Gegenteil von Verstehen (wollen)) herauszuhören, die den Untertan zur Ruhe verhält, der aus einer Dummheit heraus, an deren Änderung seinem Vormund offenbar nichts gelegen ist, die über ihn ergehenden Ratschlüsse der Obrigkeit mißbilligt, unfähig zu erkennen, daß alles schließlich zu seinem Besten ist und geschieht, und daß jene, die im Leben ihm übergeordnet sind, auch geistig ihm überlegen sind.
Kritik (oder eben Verstehen) ist nicht gewuenscht, weil es ja an den herrschenden Zustaenden etwas aendern kønnte. Warum sollten wir das wollen? Uns geht es doch so gut. Und so lehrt uns die Geschichte dann, dass der …
Widerspruch zwischen der neuzeitlichen Emanzipation des kritischen Geistes und seiner gleichzeitigen Dämpfung […] gesamtbürgerlich [ist]:
Emanzipation? Daempfung? Haeh:
[…] von einer frühen Phase an mußte das Bürgertum fürchten, die Konsequenz seiner eigenen Prinzipien könnte über seine Interessenlage hinaustreiben.
Und nochmals das, was ich eben schon schrieb: der Bourgeoisie (!) liegt eigentlich nichts am kritischen Denken! *Hust* … høre ich da etwa in der Ferne Hurrarufe auf das Bildungsbuergertum von den ueblichen Verdaechtigen?
Und warum liegt uns nichts daran? Weil gerade wir Leute aus Dtschl. doch wohl z.Z. so zufrieden sind wie nie. Hab ich erst neulich in der Zeitung gelesen
Ich schweife ab; aber wo wir gerade bei Dtschl. waren:
[…] Kritik, als zentrales Motiv des Geistes, [ist] nirgends in der Welt gar zu beliebt. Aber man hat Grund, bei Kritikfeindschaft zumal im politischen Bereich auch an spezifisch Deutsches zu denken.
Dazu kommen dann im Text Gedanken, wie dies historisch enstanden sein mag. Diese waren 1969 vermutlich direkter, sichtbarer. Keine Zitate dazu an dieser Stelle. Nichtsdestotrotz, ist das dort Geschriebene durchaus auch heute noch oft (gar meistens, denke ich) anzutreffen.
Ein Bruch an dieser Stelle, um an dem weiter oben Geschriebenen anknuepfen zu kønnen.
Durch die Teilung zwischen verantwortlicher Kritik, als der von solchen, die öffentliche Verantwortung tragen, und unverantwortlicher, nämlich der, die Personen üben, die man für die Konsequenzen nicht zur Rechenschaft ziehen kann, wird vorweg Kritik neutralisiert.
Und …
All das ist unausdrücklich und nicht institutionell verankert, aber so tief im Vorbewußten Ungezählter vorhanden, daß eine Art sozialer Kontrolle davon ausgeht.
Es exisitieren also …
Mechanismen, die […] den individualistisch Unabhängigen, Dissentierenden als Narren verdächtig machen
Hørt sich hochtrabend an, aber …
Der Sachverhalt wiegt viel schwerer: durch die antikritische Struktur des öffentlichen Bewußtseins wird der Typus des Dissentierenden wirklich in die Situation des Querulanten gebracht und nimmt querulantenhafte Züge an […].
[Anm.: die kursive Hervorhebung ist nicht von mir.]
„Øffentliche Meinung“ … haeh … was soll das denn sein? Ein Beispiel:
Manche Zeitungen […] sprechen, als stünden sie über den Kontroversen […]. Ihre distanzierte Überlegenheit kommt aber meist nur der Verteidigung des Offiziellen zugute. Der Macht wird allenfalls wohlweise zugeredet, sich in ihren guten Absichten nicht beirren zu lassen.
Das Boulevardmagazin „Der Spiegel“ bspw., zehrt ja bei seinen Lesern (und nicht nur bei denen) unerklaerlicherweise immer noch vom Nimbus verganger Tage. Oder wie es hier bereits steht:
[Das] „Sturmgeschütz der Demokratie“, [wurde umgeruestet] zur Spritzpistole der Angela Merkel.
Aber weiter mit dem eigentlichen Artikel
Hinter der pontifikalen Haltung [Anm.: besagter Zeitungen] steht die autoritätsgebundene [!!!][…] bei den Konsumenten, auf die man es klug abgesehen hat.
Und da es ja in dem Artikel um Dtschl. geht, mag ich im Zusammenhang wie Dtschl. sich in Europa gebiert (man denke bspw. nur an das maszgeblich durch Dtschl. vorangetriebene Aufzwingen der katastrofalen Austeritaetspolitik auf bspw.Griechenland, Spanien, etc.) nicht auf das folgende Zitat verzichten.
Nach wie vor waltet in Deutschland Identifikation mit der Macht; darin lauert das gefährliche Potential, mit Machtpolitik nach innen und außen sich zu identifizieren.
Das galt zu der Zeit, als der Artikel verøffentlicht wurde, und das gilt auch heute noch.
Oder anders: die steuerhinterziehenden Griechen tanzen jetzt nach unserer Pfeife; „wir“ sind endlich wieder wer!
Das „wir“ soll hier die „øffentliche Meinung“ darstellen. Sowohl das dumme „Geblubber der Nachbarn am Gartenzaun“, als auch das, was als „Journalismus“ bezeichnet wird.
Und ueberhaupt? Was nehme ich mir eigentlich heraus, das zu kritisieren!
Wieder zurueck zum eigentlichen Thema – Kritik.
Adorno schreibt dann weiter:
Mir will es scheinen, als ob der Geist öffentlicher Kritik, seitdem er von politischen Gruppen monopolisiert und dadurch öffentlich kompromittiert wurde, empfindliche Rückschläge erlitten hätte; hoffentlich täusche ich mich.
Leider taeuschte er sich nicht. Denn anders kann ich mir so einige Sachen in den Medien (und die „Meinungen“all zu zahlreicher Buerger) nicht erklaeren.
Bspw. das Hinterherlaufen hinter dem was die sog. „initiative neue soziale marktwirtschaft“ so verbreitet. Oder auch die Bertelsmaenner. Oder auch … etc. pp.
Das unhinterfragte, gar freudige, Herausposaunen dieses gefaehrlichen und (of genug als falsch bewiesenen) Unfugs.
Und da war es wieder: UNhinterfragt, nicht kritisiert, nicht durchdacht, nicht verstanden.
Und wer fuehlt sich noch an den letzten „Wahlkampf“ erinnert, mit den „uns-geht-es-doch-so-gut“-Reklamen, bei diesem Zitat:
Wesentlich deutsch […] ist ein antikritisches Schema, […] die Anrufung des Positiven.
Dieses Schema aeuszert sich in Folgendem.
Stets wieder findet man dem Wort Kritik, wenn es denn durchaus toleriert werden soll, […] das Wort konstruktiv beigesellt. Unterstellt wird, daß nur der Kritik üben könne, der etwas Besseres anstelle des Kritisierten vorzuschlagen habe […].
Hørt sich doch erstmal gar nicht so schlecht an; aber man beachte:
Durch die Auflage des Positiven wird Kritik von vornherein gezähmt und um ihre Vehemenz gebracht.
Der Kritiker wird also sehr effizient von vornherein mundtot gemacht. Denn …
Tatsächlich ist es keineswegs stets möglich, der Kritik die unmittelbare praktische Empfehlung des Besseren beizugeben, […]
Und hier folgt dann das, von dem ich denke, dass ich es eben so mache:
[…] obwohl vielfach Kritik derart verfahren kann, indem sie Wirklichkeiten mit den Normen konfrontiert, auf welche jene Wirklichkeiten sich berufen […]
Und die oben erwaehnten eigenen Erfahrungen beinhalten dann u.a., dass es den Leuten anscheinend nicht passt, dass …
[…] die Normen zu befolgen, […] schon das Bessere [waere].
Der Artikel endet dann mit einem Satz, der ausdrueckt, warum ich trotz allem so hoffnungsvoll bin:
[…] das Falsche [ist], einmal bestimmt erkannt und präzisiert, bereits Index des Richtigen, Besseren […].
Und deswegen gilt:
[Kritik ist] Menschenrecht und eine Menschenpflicht des Bürgers.
Wie so oft bitte ich um Kommentare.