Irgendwie hatte ich nach den ersten zwei Artikeln keine Lust mehr weiter zu machen. Die urspruengliche Motivation, welche ich nach dem Høren des Gespraeches hatte, war verflogen. Nach all den Jahren und nachdem ich all dies schon dutzende Male sagte und immer wieder nicht mehr als ein Schulterzucken sah und schon gar keine Aenderung im Verhalten, vor allem nicht bei denen, die es eigtl. verstehen und besser machen muessten – da ist das wohl verstaendlich.
Dann aber las ich diesen Artikel. Und wenn wer Beruehmtes einem sagt „gut so! Mach weiter!“, dann motiviert das schon.
Nun ja, Bruce Schneier schrieb es etwas allgemeiner:
Generations from now, when people look back […], I hope they will not be disappointed in us. We can ensure that […] only if each of us makes this a priority, and engages in the debate. We have a moral duty to do this, and we have no time to lose.
Das mit der „moralischen Pflicht“ ist zu diskutieren, aber es geht ja um die Idee hinter dieser Phrase und der Stimme ich persønlich 100% zu (deswegen habe ich den Link dahinter auch so belassen).
Schneiers Artikel ist im Besonderen an die betreffenden Ingenieure gerichtet. Da kann ich leider nicht zu beitragen, mein Teil kann sich leider wieder nur auf dies beschraenken.
Und deswegen nun weiter mit dem, was ich im Zuge des Gespraeches zwischen Frank Schirrmacher und Ranga Yogeshwar alles sagen wollte.
Bei 9:23 wird explizit das „digitale DU“ angesprochen. Ich denke, wir alle haben irgendwie eine mehr oder weniger diffuse Vorstellung, was hinter dieser Idee steckt.
Es wird auch gesagt, dass eben dieses „digitale Du“ viel eher beim luegen und betruegen erwischt wird, als die reale Person dahinter.
Ganz offensichtlich ist dies, wenn man sog. „Tauschbørsen“ benutzt – vulgo: Musik, Filme und Spiele aus dem Internet runter laedt, ohne dafuer zu bezahlen. Das ist damit natuerlich auch gemeint, aber das ist zu offensichtlich. Deswegen zwei Beispiel worauf ich hinaus will.
1. Wenn man am Arbeitsplatz mal 10 Minuten online Zeitung liest, dann ist das dokumentiert. NOCH werden diese Daten nicht an die Chefs verkauft, aber es ist sicherlich nur noch eine Frage der Zeit, bis jemand diese Geschaeftsidee aufgreift.
2. Wenn jemand eine Berufsunfaehigkeitsversicherung abschlieszt (oder so) und dort nicht angibt, dass er oder sie seit Jahren klettert, dann ist das schon ziemlich schlecht, dass bspw. amazon weisz, seit wie vielen Jahren man schon Kletterfuehrer kauft.
Derer Beispiele gibt es viele und man kann das alles auch noch persønlicher gestalten. Was fuer Suchbgriffe gibt man denn auf den Pornsites ein? Bei wikipedia schonmal nach Geschlechtskrankheiten geschaut? Gab es dafuer einen Grund, dem man niemanden mitgeteilt hat? Oder hat man vielleicht doch mal eins der Buecher dieses unsaeglichen Sarrazin gekauft und møchte lieber nicht, dass die irgendwie linke Laientheaterschauspielgruppe das erfaehrt?
Worauf ich hinaus will ist, dass jeder von uns irgendwas zu verbergen hat, oder lieber verschweigen møchte. Seien es die sexuellen Interessen oder die Krankheit, die man keinem mitteilen will, um niemanden unnøtig zu beunruhigen. Meinetwegen auch die irgendwie frauenfeindlichen oder neoliberalen Aeuszerungen, welche man mal vor ueber einer Dekade in einem Forum hinterliesz, weil man es da noch nicht besser wusste. All dies sind irgendwie „Luegen“. Und all dies weisz „das Internet“ (also google, amazon etc.), weil unsere „digitalen Ichs“ dies herausposaunen.
Aber mit dem „digitalen Ich“ ist mehr, als nur das Verhalten im Internet gemeint.
Es ist auch der Stromverbrauch (ich sprach dies irgendwie an dieser Stelle bereits an). Warum ist der denn in der Nacht so hoch?
Oder der so oft gepriesene Kuehlschrank, der einem mitteilt, dass die Milch schlecht ist und die dann automatisch neu bestellt. Aber warum ist denn da auch immer so viel Pizza im Kuehlschrank. Da sollte man mal vorsichtshalber die Versicherungspraemie hoch schrauben, denn da braucht bestimmt irgendwann mal jemand eine Herzoperation. Wird es niemals geben? Schwarzmalerei? Mhm … da muss ich mich wohl verhørt haben, vor ein paar Jahren, als ernsthaft diskutiert wurde, „Anreize“ zu gesundem Verhalten zu geben. Mit so einer Technologie kann das auch noch schøn ueberwacht werden.
Oder die (notwendige) automatische Ortung des Standortes des Telefons. Da weisz man doch gleich wo man ist. Ist doch super praktisch, insbesondere zusammen mit der neuen, Schritte zaehlende „App“, die einen gleich zu den richtigen Laeden im Einkaufszentrum leitet.
All dies wird euphemistisch als „Internet der Dinge“ bezeichnet. Bei ca. 37:13 kommt Frank Schirrmacher auf das Beispiel einer ueberwachenden Zahnbuerste zurueck. Dabei wird auch kurz darauf eingegangen, dass eben Anreize geschafft werden, um sich ueberwachen zu lassen.
Ich male mglw. etwas grau, denn dies alles ist ja nicht notwendigerweise schlimm. Viele der potentiellen Funktionen sind eben WIRKLICH praktisch. Sei es der schnelle Zuckertest, oder die Ueberwachung des Pulses beim Lauftraining.
Immer her damit! Ohne Sarkasmus, meine ich, dass wir das wirklich gut gebrauchen kønnen. Auch eine gute Suchmaschine, oder von der Couch aus Einkaufen sind wirklich toll.
Aber aus all diesen Daten, setzt sich unser „digitales Ich“ zusammen. Und natuerlich aus noch viel mehr, wo wir im Traum nicht dran denken.
Wir kommen da nie wieder drum herum, dass wir alle „digitale Ichs“ haben und dass diese „digitalen Ichs“ schlimme Dinge ueber uns verraten, die wir mglw. gar nicht mal selbst (mehr) wissen.
Soweit erstmal zur Etablierung dieses Begriffes. Nun ist aber nicht zu vergessen, dass in einer algorithmisierten Welt; einer Welt, in der all unser Verhalten gespeichert und durch (unbekannte!!!) Algorithmen analysiert wird, diese „digitalen Ichs“ ploetzlich viel wichtiger werden, als die realen Ichs (13:58).
Und hier ist dann auch wieder die Zaesur. Dass nicht „wir“ unser „digitales Ich“ beeinflussen, sondern, dass „wir“ unser „digitales Ich“ werden.
Natuerlich gilt dies NICHT im Bekanntenkreis. (Wobei ich mir da eigtl. auch nicht so sicher bin.)
Aber fuer die Firmen, deren Sachen man kauft. Oder fuer die Buchverlage, deren Buecher man liest. Oder eben fuer die staatlichen Behørden.
Warum wird denn aber mit Hochdruck an der Etablierung einer solchen algorithmisierten Welt gearbeitet?
Die Antwort darauf ist ganz einfach: um alles noch effizienter zu gestalten. Denn mit dem „Effizienzkriterium“ hat man uns bisher noch immer alles verkaufen kønnen und ich glaube, dass die Leute die dies predigen, dies sogar wirklich glauben.
Dumm nur, dass aus einer algorithmisierten Welt auch folgt, dass man zukuenftiges Verhalten voraus sagen kann. Und diese Vorhersagen sind bereits heute verdammt effektiv. Denn was sind denn die amazon-„Dies kønnte sie auch interessieren“-Empfehlungen anderes, als die Voraussage von Kaufverhalten?
Bei 11:30 wird dann auf sog. „Pre-Crime“-Programme in den USA eingegangen. Es werden also Personen festgenommen, von denen man annimmt, dass sie in der Zukunft Verbreche begehen werden. Und das funktioniert sogar. Dadurch wurde die Verbrechensrate um 25% gesenkt.
Ist doch toll! Nicht wahr! Weniger Verbrechen.
Mal davon abgesehen, dass dies katastrophal ist fuer die Buergerrechte eines jeden Einzelnen, møchte ich dazu sagen, dass dies NOCH nur bei Verbrechern gemacht wird.
Bei stetig klammen Budget aber, wird es den Staat sicherlich brennend interessieren, ob nicht jemand die Kuendigung „provoziert“ hat und dadurch kein Recht auf Arbeitslosenunterstuetzung hat. Und da ist es schon gut zu wissen, ob der Gekuendigte schon seit ein paar Wochen 10 Minuten spaeter aufsteht. Denn das kønnte als „Unlust zu arbeiten“ interpretiert werden und somit faellt dann der Anspruech auf das Geld weg.
Irgendwie habe ich mich ein klein wenig verzettelt glaube ich.
Worauf ich hinaus will ist: ALLE unsere Handlungen hinterlassen „Spuren“, ob wir das wollen oder nicht. Ich schrieb ein paar Beispiele nieder und kønnte viele weitere anfuehren. Bis vor ein paar Jahren war das vøllig ok, weil diese Daten nicht erhoben wurden (keine derartigen Sensoren bspw. im Telefon), nicht an irgendwelche Dienste weitergesendet wurden (keine permanente Internetverbindung) und selbst wenn, dies aufgrund fehlender Rechenleistung ueberhaupt nicht haette „ausgewertet“ werden kønnen.
All dies geschieht aber mittlerweile schon bzw. wird in nicht all zu ferner Zukunft eingefuehrt werden.
Dies wiederum bedeutet, dass niemand mehr eine real existierende private Zone haben wird. (Eine imaginaere Gedachte hingegen natuerlich immer noch.) Dies wird fundamentale Auswirkungen auf unsere Leben haben. Wir werden unser Verhalten aendern (muessen). Leider nicht selbst bestimmt, sondern fremd bestimmt. Und die positiven Auswirkungen dieser Entwicklungen werden die dadurch (høchstwahrscheinlich) auch entstehenden negativen Auswirkungen mitnichten ueberwiegen.
Da bisher niemand Wichtiges ernsthaft fuer eine bessere Alternative argumentiert befuerchte ich, dass dies die Welt werden wird, in der unsere Kinder die grøszte Zeit ihres Lebens verbringen werden. Und das macht mich sehr sehr traurig.
Bei 12:19 fragt dann Frank Schirrmacher auch, was es denn bedeutet, wenn man voraussagen kann, dass jemand eine Handlung begeht, von der er noch nichtmal selbst weisz, dass er die møglicherweise (oder auch nicht) begehen wird?
Mit dieser entsetzlichen Frage, møchte ich diesen dritten Teil dann auch abschlieszen.
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